Mixed Pierre Bykol

Thomas Gauck: Pierre, von dir sieht man sehr stille, erzählerische Portraits die unglaublich authentisch wirken und sicher ebenso mit viel Gefühl und Gespür für den richtigen Augenblick angefertigt wurden. Wie würdest du deine Arbeit beschreiben?

Pierre Bykol: Ich persönlich empfinde meine Portraits als eher distanziert. Die Nähe und die Sympathie, die es braucht, entsteht eigentlich immer zwischen den Fotos. In dem Augenblick, in dem eine Aufnahme entsteht, ist es eigentlich immer ruhig und ich überlasse meine Modelle sich selbst. Ich bin kein Fan von Konzepten und vielen Anweisungen und brauche außer einem Ort und einem Menschen eigentlich nichts. Die Fotografie ist mein Ruhepol zu einem stressigen Job und ich denke das spiegelt sich in meinen Arbeiten wieder.
Wenn ich es kurz beschreiben müsste, würde ich wohl sagen, das es immer ein unterhaltsamer Spaziergang ist, bei dem ein paar Fotos entstehen.


www.pierre-bykol.com

Pierre Bykol


Thomas: Du fotografierst ausschliesslich analog (?) und sehr viel Schwarzweiss. Deine Arbeiten stelle ich mir erst recht auf Abzügen so ab Din A4 ganz großartig vor – gibt es die? Lässt du von den Filmen Abzüge erstellen oder stellst du sie gar selber her?

Pierre: Ich bin seit 2010 rein analog unterwegs und habe den digitalen Part, mit dem ich 2006 begonnen habe für mich fast völlig abgehakt. Schwarz-Weiss war allerdings schon immer genau mein Ding. Mich lenken Farben oft ab und meine eigenen Farbfotos kritisiere ich selber wohl am härtesten, oft fehlt mir die Harmonie der Farben.
Schwarz-Weiss Fotos haben für mich auch mehr Tiefe und ich habe den kompletten Prozess vom Auslöser bis zur Dunkelkammer und dem finalen Print selbst in der Hand. Gerade das macht den größten Reiz für mich aus. Leider ist der Faktor Zeit hier die Hürde, ich würde gerne öfters in meine kleine Dunkelkammer gehen, aber so ist das mit einem Hobby nunmal. Der Job muss gemacht werden und die Familie möchte selbstverständlich auch etwas von mir haben. Aber die Tage werde ich mal meine Favoriten aus 2015 ausbelichten.

Thomas: Den Schritt von Digital zu Analog, bei dem es, wie du sagst, keine Umkehr mehr gibt, können sich viele wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Zu angenehm sind die digitalen Annehmlichkeiten der viel größeren Bildkontrolle. Eine wenige spekulieren aber damit, wieder ‚richtig fotografieren‘ zu wollen und ich kenne schon etliche, die sich wieder eine alte Mittelformat zugelegt haben – analog erstellte Bilder, auch am Bildschirm betrachtet, fallen einfach sofort auf, das sind einfach echte Unikate. Mich würde interessieren, wie fühlst du dich gegenüber den konventionellen Digitalfotografen, musst du dich denen gegenüber hin- und wieder rechtfertigen? Ich kann mir vorstellen, dass nicht für jeden schlüssig wird, wieso dass ein Zugewinn sein soll analog und sw zu fotografieren.

Pierre: Wie fühle ich mich? Ich würde mal sagen nicht schlechter, oder besser als zu meiner digitalen Phase. ? Ich mache ja am Ende das Gleiche wie vorher, Fotos halt. Der ganze Workflow hat sich nur geändert. Ich mag Digital und Analog gar nicht gegenüber stellen und ich würde auch nicht sagen, das Eine ist besser als das Andere. Fotografie hat für mich nichts mit Technik zu tun. Ich brauche ein Arbeitsgerät und am Ende muss ein Ergebnis da sein, mit dem ich mich wohl fühle.
Das führt auch dazu, das ich mich nicht rechtfertigen muss. Ich sehe jetzt digitale Fotografie nicht als Teufelszeug, nur ist sie halt nichts mehr für mich. Ich habe mir vor ein paar Wochen so eine kleine Fuji-Maschine gekauft, um hier und da mal Erinnerungen im Familienkreis festzuhalten. Ich stelle aber fest, das mir persönlich das Digitale fremd geworden ist. Für mich ist es zu klar, zu glatt, ich kann es so wirklich nicht beschreiben.
Die analoge Fotografie gibt mir eine Art inneren Frieden. So ein Film hat seinen eigenen Charakter, den ich bei der Entwicklung noch beeinflussen kann, ich muss mich vorher entscheiden was ich tue und es ist noch Handarbeit.

Um auf Deine zuletzt gestellten Fragen zu antworten: Es gibt keinen Zugewinn, aber auch keinen Nachteil. Ein jeder muss für sich selbst entscheiden, ob der digitale, oder der analoge Weg der Richtige ist, oder alternativ der, parallel damit umzugehen. Auch ob Schwarz-Weiß oder Farbe, die Frage muss sich jeder selbst stellen. Beim Ergebnis geht es einem jeden doch um die Publikation, um das Präsentieren der eigenen Werke und das ist das Einzige, was nicht mehr dem Kern entspricht. Der Großteil lagert sämtliche Arbeiten auf Festplatten und die Präsentation findet nur noch im Netz statt.
Aber kann ich ein Foto auf einem Monitor beurteilen? Das Werk an sich, ja. Aber Fotos gehören auf Papier, sie gehören an Wände, in Ausstellungen, in Printmedien, das ist es doch, was die Fotografie ausmacht.

Thomas: Wie ist dein Verhältnis zur Portraitfotografie, wie hat sich das bei dir entwickelt? – dass du leidenschaftlich gerne portraitierst sieht man zweifellos.

Pierre: Der Ursprung hängt mit der Geburt meines ersten Sohnes zusammen. Irgendwie wollte man ja Erinnerungen festhalten, so hat alles mit der Portraitfotografie angefangen. Schnell hat man sich in Foren und Communities aufgehalten und erste Kontakte geknüpft, die Zeit vor Facebook halt. Der Anfang war halt wie bei vielen, austesten was Photoshop so hergibt, bis ich irgendwann alles wieder zurückgeschraubt habe und die Natürlichkeit für mich entdeckt habe. Über die Jahre ist es dann zu meinem Steckenpferd geworden, auch wenn ich mich immer wieder mal in anderen Bereichen versuche, wird die Portraitfotografie immer meine Liebe sein. Ich mag es, zwischen den Fotos quatschen und auch zu Lachen, um eine Bindung während des Fototreffens herzustellen.
Die Atmosphäre ist mir wichtig, deswegen finden diese Treffen nicht wirklich oft statt. Ich kann nicht behaupten, das ich einen eigenen Stil habe,
aber ich glaube, wenn ich alle paar Tage fotografieren würde, dann würde ich den Spaß daran verlieren und es würde nur noch ein Einerlei geben. Aber dieses Jahr dürfen es definitiv ein paar Treffen mehr werden, als im letzten Jahr.

Thomas: Pierre, ich denke schon, dass da ein eigener Stil, eine eigene Linie erkennbar ist.
Auf deinem Instagram-Account kann man jede Menge analoger Kameras entdecken. Mit welcher bist du meist unterwegs und, wenn du Filme zum Entwickeln gibst, wer macht das? Empfiehlst du einen Anbieter, der auch gleich scannt?

Pierre: Ja Kameras, ein schönes Thema. Viele die ich besessen habe und viele die auch wieder gegangen sind. Mich hat es stark in Richtung Messsucher getrieben und somit sind eine Leica M7 und eine Voigtländer Bessa III meine Hauptarbeitsgeräte, ansonsten noch eine Rolleicord Vb, eine Minolta XD7, diverse Kompakte und Toykameras. Großformat wird bestimmt auch nochmal ein Thema, aber noch kann ich mich zurückhalten.
Wenn es um das weggeben von Filmen geht, kann ich hier gerne das meinfilmlab.de empfehlen, dort wird gute Arbeit geleistet.

Thomas: Ich freue mich immer mit Fotografen über Ausstellungen zu sprechen, denn jeder, der schon mal eigene Ausstellungen geplant hat, weiß nachher eine ganze Menge mehr zu diesem Thema. Du hattest bisher drei, habe ich auf deiner Website gesehen …? Welchen Tipp hast du an all jene, die selbst eine Ausstellung planen? Mit anderen Worten, was lief gut, was weniger gut, in der Vorbereitungszeit, während der Vernissage oder danach?

Pierre: Ich habe an drei Ausstellungen teilgenommen, trifft es wohl eher. Die Art Kamen ist eine recht lokale Angelegenheit, bei der alle Kunstrichtungen zusammen kommen. Hier musste ich mich seinerzeit nur bewerben. Was die Ausstellung in Siegburg betrifft, war das ein Gemeinschaftsprojekt von 11 Fotografinnen und Fotografen. Also nichts mit eigener großer Planung. Mit der Konstellation ist dieses Jahr im September auch wieder eine Ausstellung in Bonn geplant. Das schöne an den Ausstellungen ist für mich eigentlich immer, das ich meine Sachen mal abseits des Internets zeigen kann und vor allem viele Leute aus den sozialen Netzwerken mal persönlich kennen lerne. Was eigenes ist aber erst mal nicht geplant, zumindest nicht kurzfristig.

Thomas: Ok, auf jeden Fall ist meine Empfehlung, an alle, die erstmals eine eigene Ausstellung planen, unbedingt soviel Erfahrungen wie möglich von anderen einholen. Beginnend von den Materialien, Aufhängungssysteme, Licht, bis zur Organisation, PR, Versionierungen von Bildern und Verkauf, etc. kann unglaublich viel falsch gemacht werden. Und ich ziehe meinen Hut vor allen, die im Jahr zwei oder mehr Ausstellungen machen, denn da steckt richtig viel Arbeit dahinter. Anders Thema: Portfolios im Internet. Wie stehst du dazu, wo bist du überall vertreten, wo magst du deine Bilder lieber nicht zeigen? Wie viel Zeit und Arbeit steckst du in deine Portfolio-Website?

Pierre: Portfolios im Internet, ja, ich glaube ich war schonmal überall angemeldet und irgendwie ging es mir dann auf den Geist. Ich habe in erster Linie meine Homepage, in der x-sten Version, bei der lediglich mein Blog hinkt, die aber sonst immer gepflegt ist. Ansonsten ist für mich aus einer Masse von Communities eigentlich nur Flickr übrig geblieben. Dort fühle ich mich noch immer wohl, finde viel Inspirationen und kann für mich über die diversen Gruppen auch gut selektieren, was ich sehen möchte. Alles andere spielt für mich keine große Rolle mehr. Es wird dann auch irgendwann zu viel, man wird jeden Tag von Fotos überladen, dem kann man irgendwann auch keine Beachtung mehr schenken und ich mag nicht oberflächlich Fotos anschauen, wohl auch ein Grund warum Facebook immer mehr ins Abseits für mich rückt. Aber viel Zeit opfere ich nicht für die Online-Geschichten.

Thomas: Auf deinem Flickr-Account finden sich quantitativ mehr Bilder als auf deiner Website – wie gehst du generell mit der eigenen Portfolio-Selektion um? Zeigst du nur die neuesten, oder die gelungensten Bilder? Hörst du auf den Rat anderer?

Pierre: Ich mag überladene Webseiten nicht, daran liegt es. Ich tausche auch immer wieder mal was aus auch meine persönlichen Favoriten wohl immer bleiben werden. Meine Selektion geht auch ganz einfach von statten. Einfach nach Bauchgefühl, schließlich sind es meine Arbeiten und in erster Linie muß ich auch dahinter stehen. Bei flickr ist zwar mehr zu sehen, aber auch nicht alles, ich mag nicht alles ausschlachten, manchmal ist es schön nicht gezeigtes neu aufzukochen.

Thomas: Vielen Dank Pierre für deine Bildstrecke und das Interview. 

Pierre: Danke für das Interview, es freut mich vor allem, das es nicht so oberflächlich war und Du schon etwas gestöbert hast. ;-)