Prag Daniel Lauber

Die Serie entstand im Sommer 2016 in Prag. Wir haben Julia und Sofa in Leipzig eingesammelt und sind für 3 tage nach Prag gefahren. Wir wollten eine gute Zeit haben und "nebenher" einige Fotos schiessen die am Ende in meinem Buch "Loved and Lost" gelandet sind.

Thomas Gauck: Hallo Daniel erzähle bitte etwas zu dir und zu deiner Welt der Fotografie?

Daniel Lauber: Ich bin Dan, Fotograf aus dem wunderschönen Münsterland. Seitdem mir 2010 eher zufällig eine Kamera in die Hände fiel hat mich das Fieber gepackt. Ich liebe es Menschen zu entdecken und dies in Bildern festzuhalten. Dabei bin ich manchmal stiller Beobachter, manchmal Regisseur und machmal einfach nur der Typ der mit Euch abhängt und aus Versehen eine Kamera dabei hat. Ich sehe Menschen. Wie wir alle. Jeder hat seinen eigenen Blick für Menschen, Dinge und Momente. Und ich halte dies in Bildern fest so wie ich sie eben sehe.
Im Sommer 2014 bot mir die Künstlergruppe „KunStoff“ aus Hamm an, eine Ausstellung in Ihren Räumen zu gestalten. Spätestens von dem Zeitpunkt ab wusste ich, dass ich das alles nicht nur für mich mache sondern auch andere gefallen an meinen Arbeiten finden. Im Oktober 2016 habe ich dann meinen ersten Bildband „loved and lost“ über den Ventura Verlag veröffentlicht und zum Release meine zweite Ausstellung „loved and lost“ im Foyer des SH Werne präsentieren können. Obwohl ich ausgesprochen gerne Outdoor und OnLocation fotografiere und da auch meine Stärken sehe, habe ich gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin Leonique Lacroix – die ebenfalls Fotografin ist – das „Hinterland Studio“ in Coesfeld eröffnet.

Thomas: Ist das dann so, dass wenn du fotografierst, eine Serie von Portraits eher spontan entsteht?

Dan: Mehr oder weniger ja. Natürlich habe ich schon einen groben Fahrplan im Kopf. Aber ich mag es auch mich spontan leiten zu lassen. Zu schauen was mir die Protagonisten geben, bzw. was ich aus Ihnen rauskitzeln kann. Ich mag auch Spaziergang-Shootings. Da treffe ich mich mit den Leuten und gehe spazieren und fotografiere scheinbar beiläufig, ich hab schon des öfteren gehört, dass ein Shooting bei mir entspannt sein soll, weil wir viel quatschen und ab und wann halt ein paar Fotos machen. Das kommt aber natürlich auch ganz darauf an, wie die Zielsetzung ist, aber die Erfahrung zeigt es nicht nur entspannter, sondern am Ende auch zielführender ist einfach mal ein bisschen was zu reden, so erkennt man den Menschen gegenüber und es entsteht eine Basis auf der sich besser arbeiten lässt.

Thomas: Das kann ich gut nachvollziehen. Ich meine sogar, je häufiger man zusammen shootet, umso besser werden die Ergebnisse. Und da sehe ich auch einen großen Vorteil von freien Fotografen und ambitionierten Hobbyfotografen – die können sich viel mehr auf Menschen ‚einlassen‘. Du hast einen Fotoevent mit dem Namen Licht|Gestalten ins Leben gerufen, was hat es damit auf sich?

Dan: Natürlich kann man ein Model das man schon kennt, anders gegenüber treten, als Menschen die man gerade erst kennenlernt. Auf der anderen Seite begleite ich auch Hochzeiten und versuche dort auch eine Bindung aufzubauen und eine Gewisse Ruhe und Gelassenheit walten zu lassen.

„Licht|Gestalten“ ist ein Event das Leo und ich 2015 ins Leben gerufen haben. Die Idee stammt von daher, dass uns auf den üblichen Fototreffen/Stammtischen, oder wie auch immer man das nennt, zum einen sehr oft die Technik zu sehr im Vordergrund stand. Das langweilte mich sehr und machte diese Veranstaltungen wenig attraktiv. Zum anderem fanden wir auch die Idee toll, mehr als nur einen Nachmittag mit den Kollegen zu verbringen – Lichtgesalten geht von Samstag morgens bis Sonntag abends. Und die Praxis zeigte dann auch, dass total viel abends und nachts passiert, wenn man in tiefere Gespräche kommt oder nachts um 3 nochmal die Kamera aus der Tasche geholt wird. Ebenso die Möglichkeit morgens um 5.00 Uhr aufzustehen und im Morgengrauen gleich mehrere Modelle vor Ort zu haben. Dazu eingeladen haben wir Fotografen die wir kennen oder von denen wir den Eindruck haben, dass sie eine ähnliche Denkweise haben – 2015 ging das zu 100% auf. 2016 haben wir dann die „alten Hasen“ gebeten doch noch neue Kollegen vorzuschlagen, da wir nicht dahin wollten dass jedes Jahr exakt die selben Leute da sind. Auch „frisches Blut“ ist da eine tolle Sache und ich mag es neue tolle Leute kennenzulernen. Dieses Jahr wissen wir noch nicht genau wie es laufen wird, da Leo und ich zum üblichen Termin (Ende August/Anfang September) selber heiraten. Aber wir werden schon eine Lösung finden.

Daniel Lauber

Daniel Lauber (Patrick Beerhorst Photography)

Thomas: In Netzwerk-Events liegt ein enormes Potenzial. Jeder, der sich öffnet wird von Kontakten, Ideen und Motivation profitieren. Allerdings darf man nicht den Fehler machen, alles für sich selbst verbuchen zu wollen, was sich für andere als erfolgreich erwiesen hat. Ich meine, jeder ‚Aktive‘ braucht eine realistische Nische innerhalb seiner Region, wobei der Begriff ‚Region‘ ausdehnbar ist, ‚Nische‘ aber nicht. Dazu zähle ich Spezial-Techniken, besondere Zielgruppen und außergewöhnliche Vermarktung. Es gibt eine enorme Wirkkraft in der Verwendung von Varianten, erst Recht in der Bereitung eigener Wege. Umso weniger verstehe ich warum alles, aber auch wirklich alles kopiert wird: Models, Outfits, Locations, Kameratechnik, Bildlooks bis hin zur Präsentation. So werden doch niemals identifizierbare, einem Fotografen allein zuordenbare Bilder entstehen. Wie siehst du das, Dan?

Dan: Solange nur kopiert wird bleiben es Kopien. Auf der anderen Seite glaube ich, das alles was kreative Köpfe gestalten, beeinflusst wird von dem, was sie konsumieren. Daher ist es schon eine wichtige Frage mit was ich mich beschäftige und ich an mich ranlasse. Das Rad wird in der Fotografie – so wie in vielen anderen Dingen – kaum neu erfunden werden. Es entstehen jedoch neue Kreationen. Das ist auch der Grund wieso ich z.B. bei Facebook meine Timeline säubere. ich habe viele Fotografen nicht mehr abonniert, wenn ich der Meinung bin, das sie mich nicht weiterbringen und ich stöbere kaum noch in Facebook-Gruppen so wie ich es früher getan habe. Wirklich gute Arbeiten werden da kaum beachtet und kommt ein Anfänger mit vermeintlich misslungenen Fotografien um die Ecke, wird er seziert wie ein Truthahn bei Thanks Giving. Diese Negativität ist genauso ein schlechter Einfluß und das möchte ich soweit wie es geht, von mir wegschieben und mich lieber mit gelungenen Arbeiten beschäftigen. Und so ist es auch beim Netzwerken. Wenn ich merke, mein gegenüber bringt Passion mit, und hat Spaß an seiner Arbeit und am kreativ-sein und bringt eine Offenheit mit, kann das einen regen Austausch bedeuten, und da geht es nichtmal zwingend um Bildqualität sondern um die Heransgehensweise und Einstellung.

Um auf Licht|Gestalten zurückzukommen: Ich bin jedoch positiv überrascht, wie unterschiedlich zum Teil die entstandenen Arbeiten sind, obwohl Location, Modelle und teilweise auch das Outfit identisch sind.

Thomas: Ich wollte auch in keinster Weise deinen Event kritisieren. Wie fändest du die Idee, dass man sich bei Fotografen-Events ‚Hausaufgaben‘ erlost, ‚erwichtelt‘; also, man berät zunächst über mögliche Bildthemen, schreibt diese auf Zettel und lost diese aus. Jeder bekommt eine Portrait-Fotografie-Aufgabe, die er bis zum nächsten Treffen erfüllen muss. Zum einen würde das doch die Kreativität wieder auf die Sprünge bringen, zum anderen die Motivation, Qualität zu produzieren?

Dan: Hab ich nicht als Kritik aufgefasst – und selbst wenn, ist Kritik als solche ja auch nichts schlechtes. Die Idee, Themen zu „erwichteln“ hatte ich tatsächlich auch schonmal und bin mir nicht selber nicht zu 100% schlüssig ob das cool ist oder eher nicht. Auf der einen Seite wirst du in deiner Kreativität ja eingeschränkt, weil es Vorgaben gibt. Aber auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass der eine oder andere diese Vorgaben benötigt, um in diesem Rahmen eine Kreativität zu erschaffen. Zumal nicht vergessen werden darf – wenn es von der Hobby-Fotografie mal weggeht und ich von Kunden rede – dass diese auch Rahmen vorgeben und dies eine gute Übung ist. Am Ende kann ich das nicht beantworten. Vielleicht wüsste ich mehr wenn ich es mal versuchen würde .

Thomas: Wie stark ist die Fotografie zum Bestandteil deines täglichen Lebens geworden, und was sind deine nächsten und übernächsten Ziele?

Dan: Ein starker und großer Bestandteil. Meine Verlobte fotografiert ja auch und schon von daher ist vieles in dieser Richtung ausgelegt. Wenn wir in den Urlaub fahren, dann nicht ohne Kamera. Wir machen auch öfter kleine Roadtrips, um mal an anderen Locations zu fotografieren, so entstand z.B. auch die Serie mit Sofa und Julia in Prag. Aber auch im alltäglichen Leben zeigt sich das immer wieder, und sei es nur, dass ich durch die Strassen gehe und potentiell schöne Locations oder besondere Lichteinfälle sehe.

Wenn ich mal mit Freunden unterwegs bin die mit Fotografie nix am Hut haben und ich einfach mal ein „was n geiles licht heute“ raushaue, verursacht das schonmal Kopfschütteln. Aber so ist das: wenn man etwas liebt, ist es allgegenwärtig und ich bin irgendwann – ganz unabsichtlich – angefixt meine Umgebung ganz anders wahrzunehmen. Nach Lichteinfällen, Synchronizitäten, Fluchten oder Farben zu suchen. Die Sicht verändert sich. Meine nächsten und übernächsten Ziele: … aktuell beschäftige ich mich mit der Vorbereitung zu einer weiteren Ausstellung in der Hammer Kunstnacht die im Frühjahr stattfinden und wo ich mit anderen Fotografen zusammen in der Neonweisz Galerie ausstellen werde. Parallel dazu laufen jetzt im Winter organisatorische Dinge: Webseiten aufbauen oder neu ordnen, Pläne für 2017 schmieden, Abläufe in der Hochzeitsfotografie optimieren etc.

Langzeitziele: Irgendwann möchte wieder einen Bildband machen, aber das wird frühestens 2018 passieren. Erstmal muss ich dafür die richtige Idee haben woran ich arbeiten möchte. Aber das ist ein kreativer Prozeß der von selber kommt, da bin ich mir sicher. Das war bei „loved and lost“ genauso. Grundsätzliche Ziele: weiter Spaß daran haben was ich tue, möglichst immer besser werden und neue Dinge probieren.

Thomas: Für welche Aufträge kann man dich fotografisch buchen?

Dan: In erster Line für Hochzeiten, Business und private Portrait-Shootings. Aber auch Promobilder von Künstlern oder Events decke ich ab. Das wechselt auch immer ein wenig, je nachdem welche Anfragen da sind und welche ich bedienen kann und möchte. Im letzen Jahr z.B. hat die Hochzeitsfotografie einen riesigen Teil meiner Arbeit eingenommen, was ich großartig fand. Ich mag die Herausforderung und auf einer Hochzeit bist du ja in vielen Disziplinen gefragt – und wenn du zudem noch die Möglichkeit hast dokumentarisch dabei unterwegs zu sein, macht das einen Riesenspaß – bei aller Verantwortung die du da trägst. Wir sind da aber gut aufgestellt. So unterschiedlich Leo und ich bei unseren „privaten“ Arbeiten auch sind, so gut ergänzen wir uns bei Hochzeiten und wenn immer möglich, gehen wir zu zweit los.

Thomas: Du meinst … technisch gut aufgestellt?

Dan: Nein, Technik interessiert mich nur sehr sekundär. Ich meinte eher, dass Leo und ich in Sachen Hochzeitsfotografie inhaltlich gut aufgestellt sind. Wir haben ein klares Konzept, gehen einen straighten Weg der vielleicht den ein oder anderen Kunden „vergrault“, uns aber dafür die Kunden bringt die unsere Arbeit wertschätzen und uns genau dafür buchen was wir tun. Ausserdem sind wir nach zwei gemeinsamen Hochzeitssaisons gut eingespielt. Darauf war das bezogen. Technik hat für mich keinen besonders großen Stellenwert.

Thomas: Dan, kannst du uns bitte ein paar Worte zu den eingesandten Bildern sagen …?

Dan: Die Bilder sind für mein Buch „loved and lost“ entstanden, das ich im Oktober 2016 veröffentlicht habe. Wir waren mit Sofa und Julia dazu in Prag und haben die Strassen unsicher gemacht. Mir war es gar nicht so wichtig, dass man „unbedingt Prag“ erkennt aber es sollte sich schon unterscheiden, von dem was hier möglich wäre. Durch die Wände, Schattenspiele der Laternen etc. kam das für mich schon genug zur Geltung. Wir waren vier Tage vor Ort und es hat wirklich bis zum dritten Tag gedauert bis ich die ersten Bilder gemacht habe die mir gefallen haben, du kannst dir vorstellen das ich am zweiten Tag echt schlecht gelaunt war, weil so gar nichts klappen wollte. Zu viele Touris, kein Gutes Licht etc. Erst als ich mich selbst wieder runtergefahren habe, fing ich an gute Bilder zu machen. Mir fehlte die Entspanntheit weil ich die Bilder als extrem wichtig für das Buch erachtet habe und und wenige Wochen später Abgabetermin war.

Thomas: Da habt ihr ganz schönen Aufwand betrieben! Fotografisch sind doch Tschechien, Polen und so weiter noch immer sehr ergiebig, oder? Ich denke, je mehr man aus den Stadt-Zentren fährt, desto besser wird die Szenerie. Zumindest habe ich einige Orte in Tschechien noch so aus den 90ern in Erinnerung – aber welche Tipps kannst du an Portrait-Fotografen geben, die ‚hinter der Grenze‘ tolle Locations suchen, welche Ortschaften sind toll – muss es gleich Prag sein, oder geht auch eine kleinere Stadt? Und muss man irgendwie besonders in Prag achten, wo man besser nicht fotografiert – oder ist das Humbug.

Dan: Ich kann nicht von Polen reden, aber ich denke, da ist es nicht viel anders. In Tschechien gibt es jede Menge cooler Spots. Wir haben mit Julia und Sofa den Weg gewählt tatsächlich in der Prager Innenstadt anzufangen und das war auch nicht wirklich ergiebig. Erst als wir früh morgens und in den Abendstunden in die Seitengassen gelaufen sind, ergaben sich gute Möglichkeiten. Während die Prager Innenstadt sehr touristisch erschlossen ist und alles in prunk und Glanz steht, sind die Vororte auch sehr interessant da noch sehr sozialistisch geprägt und oft heruntergekommen, was zumindest mir sehr entgegenkommt. Im Nachhinein hätten wir mehr in den Vororten fotografieren sollen.

Von Einschränkungen bzgl. fotografieren kann ich nicht berichten, ich hab da fotografiert wo ich wollte und es hat nie Jemand Anstoß daran genommen. In London beispielsweise ist das anders, seit dem Anschlag sind die Londoner sehr empfindlich was das Fotografieren von Gebäuden angeht. Wir waren jetzt zwei mal in Prag und werden sicherlich nochmal hinfahren, und dann auch mit dem Fokus auf die Vororte ;-)

Thomas: Die Bilder von welchen prominenten Portraitfotografen sind für dich ein Anhaltspunkt, … eine ‚Augenweide‘?

Dan: Da gibt es eine Reihe toller Fotografen die ich nennen könnte. Anton Corbijn zum Beispiel oder Alexander Bergström finde ich großartig. Aber auch Bruce Gilden, Emily Soto, Ellen von Unwerth oder Ryan Muirhead machen tolle Fotos, auch wenn sich nicht unbedingt Anhaltspunkte der Arbeiten dieser Leute in meinen Arbeiten wiederfinden.

Thomas: Dan, ich danke dir sehr für das Interview und den Einblick in deine interessanten Bildwelten. Wer also mal ein Sofa auf einem Transporter sieht … denkt dran, es könnte Dan sein!

Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD