Svenja Michaela Jordan

Die Serie mit Svenja hat mich wahnsinnig berührt. Anfangs noch total schüchtern, ist meine liebe Svenja immer mehr aufgetaut und hat mich echt ungehauen - ungetoppt meine Lieblingsserie bis heute

Thomas Gauck: Michaela, du bist Fotografin in Aschaffenburg und hast dich der People-Fotografie verschrieben. Erzähl uns doch bitte ein paar Details zu dir.

Michaela Jordan: Ich habe damals wie so ziemlich jeder andere auch mit der Familienknipse herum geknipst und fand es toll. Als es dann an die Berufswahl ging, habe ich jede Vernunft über Bord geworfen und mir eine Ausbildungsstelle zur Fotografin gesucht. In der Ausbildung habe ich dann für mich gelernt, was ich mal nicht machen möchte: Passbilder und emotionslose Studioaufnahmen von Kunden, die im Blitzlicht aussahen wie verschreckte Rehe.

Ich möchte die Menschen so zeigen, wie sie sind. Ein Bild muss Stimmung erzeugen, und zwar deswegen, weil sich das Model/der Kunde vor der Kamera wohl fühlt und sich fallen lässt. Deswegen finde ich es unglaublich wichtig, sich mit der Person an sich zu beschäftigen, herauszufinden, wie man denjenigen anpacken und das Eis brechen kann. Und gerade das reizt mich, denn jeder ist anders – und keine Serie wird wie die andere.

Thomas: Was ist deiner Meinung nach der Grund, warum Portraits vom Handwerksbetrieb, ja sogar von Fotografenmeistern, oft unsagbar langweiliger sind als von Teenagern, die gerade ihre erste Low-Budget-Kamera in den Händen halten?

Michaela: Mal abgesehen davon, dass man sich als Teenager sowieso eher weniger um essentielle Dinge wie finanzielle Sicherheit kümmern will – Ich denke, es liegt daran, dass man sich als alteingesessener Fotograf auf dem Dorf nur schwer loseisen kann von dem, was funktioniert. Die Freiheiten, die man als Hobbyfotograf besitzt, kann sich ein typischer Handwerksbetrieb nicht leisten, sie sind auf die Kundschaft aus dem Ort angewiesen, die Passbilder braucht und einfach keinen Bedarf an ausgefalleneren Serien hat. Meist sind die Preise auch derart im Keller, dass man es sich nicht leisten kann, die alten Kunden mit neuen Ideen zu verschrecken. Man wagt also nichts Neues und bleibt bei dem, was schon immer funktioniert. Zeit, um neue Sachen auszuprobieren, hat man durch die schlechte Preisgestaltung auch nicht – ein Teufelskreis.


Michaela Jordan


Thomas: Ich finde zumindest den konventionellen, gestalterischen Part einer Fotografenlehre schon sehr wichtig, den vermisse ich bei Amateuren oft. Hast du auch im Labor gearbeitet, und analog fotografiert – wie stehst du zur analogen Fotografie?

Michaela: Wir haben klar auch im Labor gearbeitet. Filme entwickelt, mit den Belichtungszeiten herum probiert, mit verschiedenen Filtern experimentiert. Die Zeit im Labor war jedes mal etwas total Schönes. Leider habe ich bisher nicht die Muße gehabt, mich mehr damit zu beschäftigen, bin aber jedes mal fasziniert davon, was manche Kollegen mit ihrer analogen Kamera zaubern und habe großen Respekt davor.

Thomas: Das heißt, du fotografierst ausschließlich digital?

Michaela: Ja.

Thomas: Ich fragte mal einen befreundeten Musiker, ob es möglich ist herauszuhören, ob ein bestimmtes Instrument von einem Mann oder einer Frau gespielt wird … Wie siehst du das im Bereich der Portraitfotografie: Fotografieren Frauen anders, sensitiver? Vor allem, fotografieren weibliche Fotografen Frauen anders als Männer?

Michaela: Ja, ich denke schon. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern. Was mir bei Männern auffällt, ist die große Affinität zum Technischen. Da ist meistens alles bis ins letzte Detail perfekt. Was nicht heißt, dass Frauen unsauber fotografieren; sie legen meiner Meinung nach den Schwerpunkt eher aufs Gefühl, lassen sich während dem Fotografieren schon treiben, anstatt sich erst mit dem Belichtungsmesser hinzustellen. Es liegt auch wohl eher in der Natur der Frauen, Frauen romantischer, sensitiver darzustellen als Männer ihre weiblichen Modelle. Dann muss man sich wiederum streiten, was genau denn jetzt romantisch ist, wer es definiert und was man sich darunter vorstellt.

Thomas: Ja genau, das meine ich auch und Frauen sind oft leiser in ihrer Art, lassen vor der Kamera eher agieren, während Männer eher versuchen zu dirigieren. Zumindest fällt mir das immer wieder auf. Wieviel Zeit nimmst du dir für deine Portrait-Sessions, inwieweit integrierst du Personen in deine Shooting-Pläne?

Michaela: Das unterteile ich in Kunden-Shootings und freie Arbeiten. Der Kunde ist natürlich König und kommt mit einer gewissen Vorstellung zu mir. Die gehen wir durch und schauen, was in den nächsten 1-2 Stunden passiert.

Freie Arbeiten laufen da ganz anders ab. Meine Visagistin Jaqueline ist meistens mit dabei, ich habe vorher ein passendes Model gesucht und so verbringen wir meistens den halben Tag zusammen an der Location. Da ich nicht unbegrenzt freie Arbeiten machen kann, ist es natürlich wichtig, schon von vornherein zu klären, was man vorhat, welches Model passt. Von daher lasse ich mir bei freien Arbeiten eher weniger „reinreden“ und versuche, meine Pläne umzusetzen.

Thomas: Zur Serie, die du eingereicht hast, schreibst du, dass dein Model erst ‚auftauen‘ musste. Das ist natürlich nachvollziehbar. Ich meine, die besseren Bilder entstehen gewöhnlich zum Schluß eines Shootings und ein zweites Shooting wird meist besser als das erste. Wie bringst du das ‚Eis zum Brechen‘, zeigst du Bilder während des Shoots, wie ist bei dir die Atmosphäre am Set? Verwendest du Mood-Boards?

Michaela: Während die Visagistin schminkt, hat man immer viel Zeit, um sich ein bisschen ranzutasten, ein bisschen zu tratschen und herauszufinden, wie man die Modelle anpacken kann. Ich bin glücklicherweise ein offener Mensch und finde eigentlich immer ein Thema, über das man belanglos reden kann. Bei Svenja war es beispielsweise so, dass wir uns danach fühlten, als würden wir uns alle schon ewig kennen. Es ist vielmehr ein Treffen lieber Menschen. Das ist für mich eine wichtige Voraussetzung – denn wie soll sich derjenige vor der Kamera fallenlassen, wenn man sich nicht vertraut?

Lustigerweise ist das Shooting mit Svenja ein Kunden-Shooting gewesen und sie hatte sogar richtig Bammel. Am Ende stand sie aber so selbstbewusst vor der Kamera, dass sie keinerlei Anweisungen mehr brauchte und regelrecht „abgeliefert“ hat.

Thomas: Sind wir beim Thema! Ich glaube nie wurde für Hochzeiten so viel Aufwand betrieben wie in letzter Zeit, auch im Bereich Fotografie – aber es entstehen ständig neue Hochzeitsfotografen, die sich einen begrenzten Markt teilen müssen. Was sind deine Alleinstellungsmerkmale im Bereich der Hochzeitsfotografie – was machst du anders als andere?

Michaela: Uff, gute Frage. Das erste, was man von mir sieht, wenn man als Brautpaar auf der Suche nach einem Fotografen ist, sind meine Bilder. Die müssen dem Paar natürlich gefallen. Und dann, was ich mindestens genauso wichtig finde: die Chemie muss stimmen. Stimmt die nicht, sollten beide Seiten die Finger davon lassen. An einer Hochzeit ist der Fotograf die Person, die die meiste Zeit mit dem Brautpaar verbringt und das in höchst emotionalen Zuständen. Wer
möchte da den glatten Dienstleister unbeteiligt im Raum stehen haben? Ich möchte zu meinem Brautpaar ein freundschaftliches Verhältnis aufbauen, Vertrauen schaffen und vermitteln, dass die Kamera kein Monster ist, vor dem man die Emotionen verstecken muss. Bisher bin ich damit wirklich sehr gut gefahren. Das Alleinstellungsmerkmal bin ich also, blöd gesagt, Ich.

Thomas: Das ist, denke ich, die wichtigste Basis. Die Leute sehen sich die Bilder an und werden entdecken, dass sich deine Brautpaare vor der Kamera wohlgefühlt haben. Fotograf in diesem Metier zu sein bedeutet auch, Psychologe zu sein. Dazu gehört meines Erachtens auch, bestimmte Aufträge nicht anzunehmen. Paare mit denen man nicht warm wird können, so glaube ich, zum Horror vor der Kamera werden. Ein Grund warum ich kategorisch keine Hochzeiten fotografiere. Inzwischen ist auch die Hochzeitsfotografie zum eigenständigen Fachbereich der Fotografie herangewachsen. Ich denke da gibt es mehr peripheres Wissen als zum Beispiel in der Architekturfotografie. Willst du dich im Laufe der Zeit auf einen bestimmten Portraitbereich beschränken, oder bist du ganz glücklich, nicht nur Hochzeiten zu fotografieren…?

Michaela: Ich brauche immer Abwechslung, deswegen bin ich wirklich glücklich, verschiedene schöne Arten der Fotografie bedienen zu dürfen. Auf jeden Fall werde ich im Portraitbereich bleiben. Ob ich in 10 Jahren dann immer noch da bin, wo ich heute bin, kann ich allerdings nicht versprechen – es kommt sowieso alles anders, als man denkt. Und das ist auch gut so.

Thomas: Michaela, wie wichig ist dir Technik, was deine bevorzugte Kamera-Objektivkombination?

Michaela: Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sich stundenlang mit Technikwissen batteln können. Mich interessiert da wirklich nur das, was ich wissen muss.
Meine Lieblingskombi ist momentan die 5D3 mit dem Canon 35mm 1,4L. Ich mag den Look, den man bei den Reportagen damit bekommt.

Thomas: Da sehe ich bei weiblichen Fotografen auch einen weiteren Vorteil gegenüber den Männern. Mit welcher Art von Fotografie kannst du persönlich gar nichts anfangen – welche Aufträge würdest du nicht annehmen?

Michaela: Ganz eindeutig die Architektur-und Industriefotofrafie. Da hab ich absolut keinen blassen Schimmer von und es reizt mich kein bisschen.

Thomas: Welchen ultimativen Tipp oder Motto gibst du Newcomer-Fotografen?

Michaela: Dranbleiben, Dranbleiben, Dranbleiben. Und alles ausprobieren

Thomas: Vielen Dank Michaela – ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg!