Scarabeo Lookbook

Thomas Gauck: Sylwia, hat es dich je gereizt das zweidimensionale Medium der Fotografie zu verlassen, zu filmen, Theater zu inszenieren?

Sylwia Makris: Ich bin von meiner Ausbildung her Metallbildhauerin. Ich habe mich also sozusagen zurückgezogen auf „nur“ zwei Dimensionen. Natürlich reizen mich auch theaterartige Inszenierungen, aber nur um sie fotografisch zu nutzen. Nur in diesem Medium habe ich die maximale Kontrolle über die Wirkung der Bilder, da die Bearbeitung einen wesentlichen Teil des Arbeitsprozesses ausmacht.

Thomas: Deine Bilder sind auf merkwürdige Weise so ‚un-digital‘ – ich könnte sie mir als Gemälde von Hieronymus Bosch oder Vermeer vorstellen – bist du eine inkarnierte Licht-Malerin mit neuen technischen Möglichkeiten?

Sylwia: :-))) das gefällt mir :-) …reinkarnierte Lichtmalerin :-) Dankeschön :-) Ich versuche die Bilder schon bei der Aufnahme so zu machen. dass sie wie alte Gemälde aussehen. Danach verstärke ich diese Wirkung mithilfe der Bildbearbeitung. Dazu muß ich sagen, dass mir erst diese Verbindung von Digitalfotografie und Photoshop-Editing diese Möglichkeit an die Hand gegeben hat meine Bilder zu „malen“. Als Zeichner oder Maler war ich nie so gut dass ich meine Vorstellungen in eigenen Augen überzeugend auf eine Leinwand bringen konnte. Erst die digitale Technik hat mir diese Möglichkeit gegeben. Ich setzte also gewissermaßen eine Person vor mich und fange dann mit Kamera und Blitzlampe an zu malen.


Sylwia Makris


Thomas: Welche Meister, welche Kräfte inspirieren dich zu deiner Fotografie – was ist dein Pedant in einer anderen Welt (der Kunst)?

Sylwia: Mich inspirieren alte Meister, die Farben, Lichtstimmungen und Themen vergangener Zeiten. Ich denke ich bin altmodisch. Genauer gesagt verstehe ich moderne Kunst überhaupt nicht. Moderne Kunst macht mich nervös, während ich z.B. gerne in der Alten Pinakothek in München wohnen würde und dort ständig frische Inspiration bekäme :-). Oft inspirieren mich Gesichter, von diesem Eindruck aus suche ich dann passende Kostüme und Orte. Habe ich allerdings zuerst die Kleidung, dann suche ich nach den passenden Gesichtern und Körpern dazu. Oft inspirieren mich auch Orte. Ich sehe dort sofort komplette Inszenierungen und Möglichkeiten. Dabei stelle ich mir unabhängig vom Ausgangspunkt mein fertiges Bild immer als Gemälde vor. Ich kann nicht anders, das ist meine Methode. Natürlich kann ich auch „normal“, da ist aber dann meistens auf Kundenwunsch und für mich persönlich nicht inspirierend. Mein Pendant in der Kunst ist also alte Malerei. Das ist mein Leben.

Thomas: Diese maximale Kontrolle sieht man deinen Bildern sicher an. Ich kann mir vorstellen, dass deine hohen Qualitätsanforderungen an alle beteiligten Komponenten wie Location, Set, Licht, Model und Ausstattung komplett erfüllt sein wollen, bevor du dich an die Bearbeitung machst. Bist du im Prozess der Bildwerdung ’streng‘ … zu dir selbst, zu Make-up-Artists, Modellen und Kostümbildnern?

Sylwia: Ich bin nicht streng oder anspruchsvoll bezüglich der äusseren Faktoren. Natürlich arbeite ich gerne mit Profis, aber auch dabei ist beizeiten auch Improvisation im Spiel. Die Kontrolle habe ich dann bezüglich Bildauswahl und Bearbeitung immer noch in ausreichendem Maße. Viel von der Bildwirkung entsteht erst bei diesem Arbeitsschritt. Streng zu mir selbst bin ich immer! Ich mag effektives arbeiten und das gefällt mir auch bei meinem Team. Viel hängt davon ab mit Leuten zu arbeiten, die Ihr Handwerk verstehen und lieben. Dann läuft sehr viel über Intuition und ohne zu viel Regie meinerseits.

Thomas: Man kann Sylwia Makris auch als ’normale‘ Fotografin buchen? Was ist da dein Repertoire?

Sylwia: Natürlich kann man mich für alle möglichen Aufnahmebereiche buchen. Mit Ausnahme vielleicht von Autorennen. Ein wenig Gefühl für das Thema muß ich schon mitbringen. Von Portrait, Food, Fashion, People, Produkt bis Hochzeit ist alles möglich.

Thomas: Bei deinen Portraits habe ich den Eindruck, du befreist förmlich Personen aus ihrer Finsternis, zeigst eine Welt wie sie auch sein könnte … oder besser wie sie auch ist. Überrascht dich eine vollendete Arbeit hin und wieder selbst hinsichtlich einer Entsprechung mit einer echten Person? Fühlst du Analogien deiner Arbeiten, deiner Serien zur realen Welt, wirst du darauf angesprochen?

Sylwia: Ich denke darüber nicht nach. Ich fotografiere die Dinge und Personen so wie ich sie sehe oder sehen will oder kann. Je nach Aufgabe (Kundenauftrag oder freie Arbeit) ist mein Blick insbesonde auf Personen sehr subjektiv und nur auf die Bildwirkung ausgerichtet. Hier gibt es bei der Bearbeitung keine Grenze bei der Bearbeitung. Bei „echten“ Portraits dagegen geht es um jeden Mikroausdruck und das Einfangen der Persönlichkeit oder „Seele“.

Thomas: Deine Bilder sind sicher auch auf ihre Weise musikalisch – welche Musik empfiehlst du sich beim Betrachten deiner Bilder anzuhören, bzw. hörst du bestimmte Musik am Set oder bei der Bearbeitung?

Sylwia: Es stimmt, dass Musik bei der Bearbeitung Einfluß auf mich hat. Musik provoziert Bilder und Bilder provozieren Musik. Ich suche immer neues und wandere dabei zwischen Klassik, Hardrock bis zu extremen Metal.

Thomas: Arbeitest du immer mit einem festen Team von Designern, Make-up-Artists und Kostümbildnern?

Sylwia: Ja, ich arbeite gerne im Team mit vertrauten Leuten. Ich arbeite aber auch als Dozentin für die Makeupschule Lilly meets Lola in München. Dadurch habe ich immer Zugang zu neuen Talenten. Bei Designern bin ich immer offen für neue Zusammenarbeiten.

Thomas: Im Gegensatz zu anderen virtuosen Photoshop-Künstlern sehe ich bei dir Photoshop vorrangig verwendet als Werkzeug zur Finalisierung deiner Bildidee, die wie eine Firnis über ein fertiges Gemälde kommt. Ist das auch dein Selbstverständnis deiner Bildbearbeitung?

Sylwia: Mein Look entsteht zu einem sehr großen Teil in der Bearbeitung. Natürlich ist Modelwahl, Licht, Styling und Makeup im Vorfeld sehr wichtig. Aber der letzte Schliff entsteht vor dem Rechner. Das ist im Grunde das was ich mit maximaler Kontrolle meine.

Thomas: Wo kann man aktuell oder demnächst deine Bilder in einer Ausstellung bewundern?

Sylwia: Ich arbeite gerade mit Lilly meets Lola Makeupschule und der Modedesignerin Nina Athanasiou an einen gemeinsamen Projekt, das im Herbst auf der Stroke Artfair zu sehen sein wird. Mehr kann ich über dieses Projekt zur Zeit noch nicht sagen.

Thomas: Vielen Dank Sylwia!

Designer: Justyna Waraczyńska-Varma
Make-up artist:
Sebastian Conrad
Model: Angelique Lang