Schattenspiele

Thomas Gauck: Catrin, kannst du einleitend ein bißchen was über dich und deine Fotografie erzählen?

Catrin Knußmann: Mein Name ist Catrin, ich bin 35 Jahre alt und wohne im wunderschönen Mainz. Im „wahren Leben“ kümmere ich um alle Marketing und Kommunikationsmaßnahmen bei einer Tochter der DB. Also eigentlich auch ein echt kreativer Job. Aber die Fotografie gibt mir einfach noch mehr Entfaltungsmöglichkeiten. Ein Leben ohne Kamera ist für mich überhaupt nicht mehr vorstellbar und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass ich irgendwann mal „ohne Knipse“ war. Früher noch analog, heute dann doch lieber digital. Ich verbringe wirklich sehr viel Zeit hinter der Kamera und sehe die Welt sehr gerne durch den Sucher. Irgendwie ist das ein anderer, intensiverer Blick – jeder, der selbst fotografiert, wird verstehen, was ich meine. Ich stecke mich ungern in eine Schublade und lasse mich auch ungern in eine stecken.

Aber ich glaube, was es ganz gut trifft, sind Fotos voller Gefühl und Geschichten – meist ein bisschen dunkler. Ich mag es einfach, Emotionen auf „digitales“ Zelluloid zu bannen – egal, ob positiv oder negativ. Und in den Köpfen der Bildbetrachter Geschichten zu den Fotos entstehen zu lassen. Ich experimentiere unheimlich gerne – auch mal ein bisschen unkonventionell – um mich stetig weiter zu entwickeln. Und das wichtigste für mich ist, einfach unheimlich viel Spaß zu haben bei dem, was ich tue.

Thomas: Aber die Portrait-Fotografie ist schon dein Arbeitsmittelpunkt, richtig?

Catrin: Ja … das auf jeden Fall! Wobei ja auch Portraits Geschichten erzählen können, oder? Ich mag es einfach, Gesichter in Szene zu setzen und auch zu zeigen, was hinter der „Fassade“ steckt. Deshalb bekommt ein Model bei freien Arbeiten auch so gut wie keine Ansagen, was sie oder er machen soll. Sonst sehen alle Bilder gleich aus und die Personen einfach austauschbar. Das sehe ich viel zu oft und finde ich langweilig. Bei Kunden gebe ich natürlich schon entsprechende Hinweise, was gut wirkt. Aber auch bei Pay-Shootings lasse ich den Fotografierten Platz zur freien Entfaltung. Ein weitere Schwerpunkt meiner Fotografie liegt in der Begleitung von Hochzeiten.

Davon sieht man auf meiner Facebook-Seite noch nicht ganz so viel, weil man die Bilder meist ja nicht zeigen darf bzw. sie so was ganz Anderes sind als das, was ich in freien Projekten mache. Aber ich baue gerade eine weitere Seite auf, die genau das zeigen soll. Daran reizt mich einfach, diese einzigartigen Momente einzufangen. Mein Herz rast immer wie bekloppt bei Reportagen, weil ich keinen Moment verpassen will. Aber ich finde es einfach ein wundervolles Feld für Fotografie und man bekommt so viel Liebe zurück. Das schätze ich sehr.


Catrin Knußmann


Thomas: Hochzeitsfotografie wird ja inzwischen inflationär ausgeübt – wie schaffst du hier authentisch zu bleiben, deinem eigenen Stil treu zu bleiben? Anders gefragt: wie reagierst du, wenn Brautpaare mit ‚Vorlagen‘ aus dem Internet zu dir kommen?

Catrin: Bisher hatte ich das bei einem Hochzeitsshooting noch nicht. Aber ich habe ehrlich gesagt auch kein Problem damit, wenn Brautpaare sich schon einmal Gedanken um Posen, Settings, etc. machen. Allerdings werde ich ein Foto NIEMALS 1:1 nachstellen – das sage ich meinen Paaren aber auch ganz klar. Ich lasse mich inspirieren – auch bei all meinen anderen Shootings – durch die diversesten Künstler und interpretiere die Ideen dann auf meine Weise. Und ich glaube, wenn man sich mal ein gewisses „Auge“ angeeignet hat, dann kann man das wirklich auf alles übertragen – dann ist es egal, ob Portrait, Hochzeit, Newborn oder Familienshooting. Dann ist nur noch die Frage, was man davon gerne macht. Und gerade bei der Bearbeitung bleibe ich meinem Stil komplett treu und verleihe den Bildern so meine individuelle Handschrift. Deshalb buchen mich die Paare ja auch und keinen anderen Fotografen, um diesen einzigartigen Moment zu begleiten.

Thomas: Kommst du mit allen Brautpaaren und Portraitkunden gleich zurecht – oder behältst du dir andernfalls vor, einen Auftrag bei mangelnder Empathie auch abzulehnen?

Catrin: Ich glaub, es kann keiner von sich behaupten, mit jedem Menschen gleich gut zurecht zu kommen. Klar hat man Kunden, bei denen es auf den ersten Schlag einfach passt und welche, bei denen das Eis brechen ein bisschen länger dauert oder auch gar nicht funktioniert. Ich hab eine sehr offene und auch herzliche Art und ich glaube, bei den meisten kommt das gut an. Im letzten Jahr hatte ich eine Aktion in Zusammenarbeit bei Groupon. Da hat vielen der Preis und ein Shooting Outdoor gefallen – da kam schon eine ganze Menge zusammen. Ich muss sagen, klar, war da nicht jedes Shooting ganz einfach, aber tolle Bilder sind immer dabei raus gekommen. Ob ich einen Auftrag ablehne, hängt sehr von meinem Bauchgefühl ab und auch, was für ein Auftrag es ist. Ein Portrait- oder Familienshooting bekomme ich sicherlich professionell hin, auch, wenn die Chemie nicht zu 100% stimmt. Ich glaube, sehr viel schwieriger wird das bei einer Hochzeitsreportage. Hier treffe ich mich aber auch mit den Paaren vorab auf einen Kaffee oder bei weiteren Strecken telefonieren wir, um genau das abzuchecken. Wenn ich merke, dass es nicht passt, empfehle ich dem Paar lieber eine Kollegin oder einen Kollegen. Dieser Tag ist so einzigartig und nicht wiederholbar, dass ich finde, dass da auch wirklich alles stimmen sollte.

Thomas: Wie stehst du zur von dir verwendeten Technik – wie wichtig ist dir ein bestimmter Kamera-/Objektivtyp, was setzt du ein, und wieviel Aufwand steckst du in die Nachbearbeitung?

Catrin: Ich bin echt der Meinung, dass der Fotograf das Bild macht und nicht die Kamera. Ich habe mir allerdings auch eine Vollformat (Nikon D610) zugelegt im letzten Jahr, weil gerade in dunklen Kirchen das Rauschverhalten einfach besser ist. Aber ich arbeite mit einer uralt Scherbe (Objektiv) von Nikon im Portraitbereich mit 50mm und 1.4er Blende und ansonsten mit einem Sigma 24-70mm/2.8. Mehr Objektive habe ich auch nicht und die sind auch vollkommen ausreichend momentan für mich. Plan ist das 50er noch gegen ein Sigma Art zu tauschen, einfach weil die alte Linse nicht die Schärfe aufweist. Aber ich bin jetzt kein totaler Technikfreak. Ich kenne zum Beispiel auch tatsächlich nur die wichtigsten Knöpfe an meiner Kamera, also, wo verstelle ich die für mich bedeutsamen Einstellungen. Ansonsten ist mir das auch vollkommen egal … Ich arbeite da sehr gerne aus dem Bauch heraus und das funktioniert ja auch.

Es gibt Bilder, da sitze ich zur Nachbearbeitung nur 10 Minuten dran, es gibt aber auch Bilder, da arbeite ich Tage bis ich das habe, was ich zeigen will. Gerade das macht mir aber auch Spaß. Ich habe einen Workflow, der für mich ganz gut funktioniert – Raw-Convertor, Selektive Farbanpassungen, Bildlook, fertig. Aber ich schaue mir unheimlich gerne Tutorials an und arbeite diese dann nach – gerne auch mal mit aufwändigeren Photoshop Geschichten. Das ist für mich dann immer wieder eine neue Herausforderung und das mag ich einfach tierisch gerne. Auch, wenn meine Bilder eher natürlich gehalten sind, muss ich mich für mich selbst auch in anderen Bereichen immer mal weiterentwickeln.

Thomas: Wo – welche Platformen oder soziale Medien – im Internet findest du Inspirationen, bist du viel im Netz unterwegs – sind für dich auch konventionelle Medien wie Zeitschriften, Fotobücher oder Ausstellungen von Bedeutung?

CatrinIch glaube, das Internet hat vieles verändert! Gerade bei Facebook gibt es mittlerweile so viele Gruppen, in denen Fotos gezeigt werden – die Community ist RIESIG. Dort finde ich auch die meisten meiner Ideen. Ich habe Spaß daran, mir Bilder anderer Fotobegeisterter anzuschauen und sie in meinem Stil weiterzuentwickeln. Gerade aufgrund der Masse an Bildern kommt es aber auch häufiger vor, dass dieses „Du hast mein Bild kopiert“ Feeling aufkommt. Mich nervt das unglaublich, denn ein Bild 1:1 zu kopieren ist meiner Meinung nach kaum möglich. Ich glaube, es gibt nichts, was noch nicht fotografiert wurde – nur eben noch nicht von mir. ;) Ein weiteres Medium ist für mich Pinterest, weil dort einfach noch ganz andere Bilder gezeigt werden. Hier habe ich auch diverse Pinnwände, aus denen ich meinen Models Moods schicke, damit sie wissen, in welche Richtung es gehen soll. Und das funktioniert auch sehr gut, weil dann beide eine gemeinsame Vorstellung im Kopf haben und meist solche Dinge wie Posing, Kleidung, etc. schon von vorne herein klar sind. Zum Stöbern bewege ich mich auch gerne noch auf Instagram, Shootingfabrik, View und 500px. Aber ich glaube, alle Plattformen selbst zu bedienen wäre mir einfach viel zu stressig. Die meisten Bilder von mir gibt es auf Facebook zu sehen. Bei den anderen lade ich nur hin und wieder Bilder hoch. Bücher kaufe ich mir meistens eher Fachliteratur. Also so Sachen wie Modelposing, Lichtführung, etc. Wirklich Bücher mit Inspirationen haben ich nur sehr wenige daheim. Da bietet das Internet einfach schnellere Möglichkeiten.

Thomas: Wer ist für dich fotografisch wichtig – ein prominenter Fotograf oder  dein Geheimtipp?

CatrinIch durfte durch meinen Hauptjob einmal mit Jim Rakete arbeiten und ich liebe seine Arbeiten bis heute sehr. Im Bereich der Profis stehen sicherlich John Rankin und Kristian Schuller ganz vorne auf meiner Liste. Ich finde, sie setzen einfach wundervolle kreative Bilder um und ich liebe es, sie mir anzuschauen. Aber auch viele „unbekanntere“ beeindrucken mich. Im Bereich der Hochzeitsfotografie ist das allen Voran Raman Weddings. Er ist einfach ein Zauberer auf seinem Gebiet. In der People-Fotografie stehe ich unglaublich auf Katja und Bernd Hofmann von Linsengerecht, Claudia Wycisk von Seelenblick und Martin Neuhof. Diese Bilder regen einfach auch meine Fantasie an und zeigen so viel „hinter der Fassade“. Aber irgendwie kommen durch die sozialen Medien jeden Tag ein paar neue Lieblinge dazu und das ist auch gut so.

Thomas: Vielen Dank Catrin für deine Bildeinsendung und das Interview!