Israel

Thomas Gauck: Steffen, vor Kurzem bist du von deiner zweiten Reise aus Israel zurück. Haben sich deine Erwartungen erfüllt?

Steffen Böttcher: Ja und nein. Ich wollte eigentlich tiefer in die Glaubensthematik einsteigen und habe nach kurzer Zeit gemerkt, dass sich der Fokus in Israel eher auf die Kirche und weniger auf den Glauben richtet. Ich bin weder getauft noch gläubig, hatte allerdings gehofft, ein wenig Spirit mitzunehmen. Das Gegenteil war der Fall. Mich hat der Zirkus dort am Ende doch eher kopfschüttelnd stehen gelassen. Auf der anderen Seite habe ich Ecken in Israel gefunden, die ich so nicht erwartet hatte. Die Negev-Wüste mit ihren Canyons hatte ich in dieser ausgeprägten Schönheit überhaupt nicht auf dem Zettel.

Thomas: Ist es von Vorteil, wenn man nach Israel mit einer gewissen spirituellen Grundhaltung reist, oder wäre die für eine Fotoreportage eher hinderlich?

Steffen: Ich glaube nicht, dass man das pauschal beantworten kann. Die Antwort muss sich jeder selbst geben. Mir ist meine, nur wenig ausgeprägte spirituelle Grundhaltung, dort eher verloren gegangen. Bei einer Fotoreportage sollte man ja eigentlich immer objektiv und mit gut ausgeprägter mentaler Distanz vorgehen, sonst wird es zu einseitig.

Thomas: Wie hat dich Israel spirituell, gesellschaftlich geprägt, wie die Negev-Wüste, das Tote Meer …?

Steffen: Ich gehe inzwischen gelassener mit dem israelischen Konflikt um und glaube, dass man hinnehmen sollte, dass eine Lösung in sehr weiter Ferne liegt. Ich habe dort Palästinenser zusammen mit Juden beim Plauschen beobachtet, habe gesehen wie sie völlig selbstverständlich und normal miteinander umgingen. Der Konflikt ist nur ein Teil des Landes. Leider rückt er immer wieder in den Fokus, dabei kann das Land so unglaublich viel, vor allem beeindrucken. Ich bezeichne die Situation dort gern als „Irritierend normal“. In jedem Fall ist es dort sehr sicher. Man hat nie das Gefühl in Gefahr zu sein.

Thomas: Ich kann mir vorstellen, dass man, wie bei anderen Reisen auch, in den ersten Tagen oberflächlicher sieht und fotografiert, als im Laufe der folgenden Tage oder Wochen – ist dies vielleicht auch der Grund warum du oft gleich mehrere Wochen am Stück verreist?

Steffen: Du begreifst ein Land nicht bei einem Zwei-Wochen-Pauschal-Trip. Oft stellt sich der Zauber erst ein, wenn du wirklich angekommen bist und dich auf das jeweilige Land komplett eingelassen hast. Ich habe auch gemerkt, dass ich vor allem dann die besseren Fotos mache, wenn mir ein Land so langsam auf die Nerven geht. Das ist oft nach 3-4 Wochen der Fall. Ich fotografiere dann nicht mehr das Offensichtliche, sondern finde immer mehr Zwischentöne.

Thomas: Was sind deine fotografischen Tipps zu Israel allgemein, zu Jerusalem im Besonderen, was muß man gesehen haben, was sollte man unbedingt vermeiden? Wie wird man von den älteren Isrealis als Deutscher wahrgenommen?

Steffen: Israel ist ein weltoffenes, demokratisches und sehr sicheres Land. Ich habe dort als Deutscher nie auch nur einen Hauch von Vorwurf oder Abneigung gespürt. Man sollte sich dort – wie in jedem anderen Land der Welt – respektvoll gegenüber der Kultur und dem Glauben verhalten. Mit der Jogginghose geht man nicht in die Kirche, Synagoge oder in die Moschee … Tel Aviv ist eine Schwulen- und Party-Hochburg und ist nur 45 min von Jerusalem entfernt. Ich glaube das sagt viel aus. Man sollte neben Tel Aviv und Jerusalem unbedingt in den Süden des Landes reisen. Die Negev Wüste und Eilat haben mich wirklich beeindruckt.

Thomas: Im Gegensatz zu Vietnam, wo du ja auch öfter bist, und 2016 erst wieder warst, ist das traditionelle jüdische Leben in Israel ausgeprägt mit religiösen Regeln belegt, während in man Vietnam durchschnittlich eher atheistisch lebt. Kann man diese Länder überhaupt in der Art gegenüberstellen? Wenn ja, ist dieser kulturelle Kontrast auch Grund deines Reiseturnus?

Steffen: Ich glaube das muss ich etwas zurecht rücken: Vietnam ist weder ausgeprägt glaubensfrei, noch ist Israel ausgeprägt jüdisch. Israel ist zwar ein jüdischer Staat, allerdings ist der Gesamteindruck des Landes nicht sichtbar religiös indoktriniert. Jerusalem ist der Schmelztiegel vieler Konfessionen, auch außerhalb der alten Stadt. Ich habe dort sehr weltoffene jüdische Jugendliche erlebt, mit denen ich gemeinsam das Channuka Fest gefeiert habe, von denen aber auch niemand mehr so richtig wusste, was man da eigentlich genau feiert. Und ich habe oft sehr nett und gut in arabischen Vierteln gegessen, von denen es dort nicht wenige gibt. Beide Welten – sowohl die jüdische als auch die arabische, bilden die Kultur des Landes und prägen es.

In Vietnam findet man Christen, Buddhisten, Muslime, Atheisten. Im Gegensatz zu Israel gibt es dort keinen Religionsstreit. Man geht gelassen mit der Religion des Anderen um. Der Hauptgrund meiner Reisen ist immer das Entwickeln eines Verständnisses für andere Kulturen und Lebensweisen. Nach vielen Jahren des Reisen kann ich sagen, dass sich sowohl meine Maßstäbe als auch mein Weltbild positiv verschoben haben. Die Menschen sollten mehr reisen. Dann gäbe es mehr Verständnis und weniger Kriege.

Thomas: Wie fotografierst du auf deinen Reisen, eher unbemerkt, oder offensichtlich? Wechselt das evtl.? Ich weiß, dass du einen kleinen Instax-Drucker dabei hast um das Eis zu brechen, und gleich Bilder dazulassen. Funktioniert das so auch in Israel?

Steffen: Israel ist touristisch gut besucht und es wird auf den Strassen sehr viel fotografiert. Man fällt nicht wirklich auf, wenn man mit der Kamera durch die Strassen zieht. Die Instax-Kamera habe ich vor allem in ärmeren Ländern dabei, weil ich den Menschen dort in gern etwas zurück gebe. Ich mag den Gedanken nicht, irgendwo anzuhalten, alles zu fotografieren und dann weiter zu fahren. Für mich ist ein Foto immer der Abschluss einer Begegnung.

Thomas: Hattest du auch dieses mal wieder fotografische Mitreisende dabei? Welche Skills erarbeitet man sich auf einer Reise mit dir, und wie kommt es, dass du Einen überhaupt mitnimmst, was muss man dafür im Vorfeld tun? Welche Reisen hast als nächste auf der Liste?

Steffen: Jeder, der offen und neugierig ist kann mitkommen, ich habe da keine „Mindestanforderungen“. Man sollte ein klein wenig leidensfähig sein und nicht auf Hemdenbügelservices in Hotels wert legen. Es geht neben der Fotografiererei auch immer um Kommunikation und Wahrnehmung…
In ein paar Wochen geht es für mich wieder für zwei Monate nach Vietnam. Ich bin dort wieder mit zwei verschiedenen Gruppen in den Bergen im Norden unterwegs. Im Herbst geht es dann erstmals mit einer Gruppe nach Schottland und im nächsten Jahr werde ich auch Israel mit in meine Workshop-Touren aufnehmen…

Thomas: Das Jahr 2016 ging gerade zu Ende. Fotografisch wurden wir in diesem Jahr in sämtlichen digitalen Medien berauscht wie nie. Der tägliche Stream an neuen Bildern, die gesichtet werden wollen, sei es von Portalen, Magazinen, Redaktionen oder ‚Buddies‘ ist immens, immens redundant und immens zeitfressend. Muss man die Mästung als Fotointeressierter hinnehmen, oder führt erst das gegenläufige Verhalten, nämlich qualitativ und selektiv zu fotografieren, den ganzen zielgruppengesteuerten Mainstream gar nicht zu beachten, zum Elixier guter Bilder?

Steffen: Ich kann hierzu nur einen Tipp geben. Hinterfrage, warum du eigentlich fotografierst. Die Antwort wird dir auch zeigen, wie du mit der Flut an Bildern umzugehen hast. Fotografie ist kein Wettbewerb sondern eine Möglichkeit zu zeigen, wie du die Welt siehst. Nicht mehr und nicht weniger. Also orientiere dich weniger an anderen sondern mehr daran, wozu du imstande bist.

Thomas: Viele wissen, dass man bei dir in der Lüneburger Heide (Buchholz) diverse Einheiten – Mind Classes, Hochzeitsfotografie, Einzelcoachings – buchen kann, um sich in der Fotografie, sicher aber auch darüberhinaus, in Selbstreflektion, in Authentizität, in Bildsprache und künstlerischer Stringenz schulen lassen kann. Mich würde interessieren, welches menschliche Feedback du aus den vielen Coachings gezogen hast, wie haben dich Sicht- und Verhaltensweisen von Teilnehmern überrascht; haben sich aus manchen Begegnungen vielleicht Freundschaften entwickelt – hat sich deine fotografische Arbeit in Konsequenz aus deinen Seminaren irgendwie subtil verändert? Ist eine Reise mit Steffen Böttcher eine erweiterte Mind Class?

Steffen: Ich habe eine Menge Freunde aus den Workshops und Coachings gewonnen. Auch nach Jahren habe ich ein sehr enges Verhältnis zu vielen meiner Teilnehmer. Vor allem aus meinen Vietnam-Trips sind enge Verbindungen entstanden. Zwei Wochen eng aufeinander in den Bergen Vietnams schweissen zusammen und man erfährt eine Menge voneinander. Gefühlt, könnte wahrscheinlich jeder Teilnehmer einer Tour bei jedem anderen aus dieser Tour Nachts um zwei Uhr klingeln und würde Einlass finden.

Wir beschäftigen uns ja schon viel mit der Psyche und ich werde oft zum fotografischen Seelenklempner. Eigentlich liegt das Problem bei vielen im immer nur im Vergleich. Es gibt einen Satz, den ich sehr schätze: „Des Glückes Tod ist der Vergleich.“ Viele Fotografen schauen sich permanent die Arbeit von anderen Fotografen an und leiten daraus ihr eigenes Unvermögen ab. Dabei wird oft vergessen, dass das was man da draußen an tollen Arbeiten sieht, die Spitze eines wundervollen Eisberges ist, der auf sehr vielen Versuchen und Niederlagen aufbaut. Für viele gehört Scheitern einfach nicht zum Prozess des Entwickelns dazu und sie sind sauer auf sich, wenn mal was nicht klappt. Dabei ist das völlig normal…

Thomas: Hin und wieder gibst du auch mal einen Musiktipp … die schätze ich sehr, weil sich dadurch Bilder nochmal verstärken können. Welche Musik hattest du zuletzt dabei, welche Bedeutung misst du selbst Musik während einer Foto-Produktion bei?

Steffen: Mich persönlich beflügelt Musik ungemein. Sie wird oft zum Soundtrack für das, was ich gerade tue. Deshalb habe ich unzählige Playlists für alle möglichen Zwecke und Situationen abrufbar. Das reicht von Klassik bis Punk… oft auch schräges Zeug. Bei der letzten Produktion lief… Moment ich schau mal… Ástor Piazolla.

Thomas: Herzlichen Dank Steffen für deine Bildstrecke aus Israel, bei der wir ein wenig mitreisen können und deine Zeit für das Interview!

Steffen Böttcher

Steffen Böttcher

Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel
Steffen Böttcher - Israel

Prag

Thomas Gauck: Hallo Daniel erzähle bitte etwas zu dir und zu deiner Welt der Fotografie?

Daniel Lauber: Ich bin Dan, Fotograf aus dem wunderschönen Münsterland. Seitdem mir 2010 eher zufällig eine Kamera in die Hände fiel hat mich das Fieber gepackt. Ich liebe es Menschen zu entdecken und dies in Bildern festzuhalten. Dabei bin ich manchmal stiller Beobachter, manchmal Regisseur und machmal einfach nur der Typ der mit Euch abhängt und aus Versehen eine Kamera dabei hat. Ich sehe Menschen. Wie wir alle. Jeder hat seinen eigenen Blick für Menschen, Dinge und Momente. Und ich halte dies in Bildern fest so wie ich sie eben sehe.
Im Sommer 2014 bot mir die Künstlergruppe „KunStoff“ aus Hamm an, eine Ausstellung in Ihren Räumen zu gestalten. Spätestens von dem Zeitpunkt ab wusste ich, dass ich das alles nicht nur für mich mache sondern auch andere gefallen an meinen Arbeiten finden. Im Oktober 2016 habe ich dann meinen ersten Bildband „loved and lost“ über den Ventura Verlag veröffentlicht und zum Release meine zweite Ausstellung „loved and lost“ im Foyer des SH Werne präsentieren können. Obwohl ich ausgesprochen gerne Outdoor und OnLocation fotografiere und da auch meine Stärken sehe, habe ich gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin Leonique Lacroix – die ebenfalls Fotografin ist – das „Hinterland Studio“ in Coesfeld eröffnet.

Thomas: Ist das dann so, dass wenn du fotografierst, eine Serie von Portraits eher spontan entsteht?

Dan: Mehr oder weniger ja. Natürlich habe ich schon einen groben Fahrplan im Kopf. Aber ich mag es auch mich spontan leiten zu lassen. Zu schauen was mir die Protagonisten geben, bzw. was ich aus Ihnen rauskitzeln kann. Ich mag auch Spaziergang-Shootings. Da treffe ich mich mit den Leuten und gehe spazieren und fotografiere scheinbar beiläufig, ich hab schon des öfteren gehört, dass ein Shooting bei mir entspannt sein soll, weil wir viel quatschen und ab und wann halt ein paar Fotos machen. Das kommt aber natürlich auch ganz darauf an, wie die Zielsetzung ist, aber die Erfahrung zeigt es nicht nur entspannter, sondern am Ende auch zielführender ist einfach mal ein bisschen was zu reden, so erkennt man den Menschen gegenüber und es entsteht eine Basis auf der sich besser arbeiten lässt.

Thomas: Das kann ich gut nachvollziehen. Ich meine sogar, je häufiger man zusammen shootet, umso besser werden die Ergebnisse. Und da sehe ich auch einen großen Vorteil von freien Fotografen und ambitionierten Hobbyfotografen – die können sich viel mehr auf Menschen ‚einlassen‘. Du hast einen Fotoevent mit dem Namen Licht|Gestalten ins Leben gerufen, was hat es damit auf sich?

Dan: Natürlich kann man ein Model das man schon kennt, anders gegenüber treten, als Menschen die man gerade erst kennenlernt. Auf der anderen Seite begleite ich auch Hochzeiten und versuche dort auch eine Bindung aufzubauen und eine Gewisse Ruhe und Gelassenheit walten zu lassen.

„Licht|Gestalten“ ist ein Event das Leo und ich 2015 ins Leben gerufen haben. Die Idee stammt von daher, dass uns auf den üblichen Fototreffen/Stammtischen, oder wie auch immer man das nennt, zum einen sehr oft die Technik zu sehr im Vordergrund stand. Das langweilte mich sehr und machte diese Veranstaltungen wenig attraktiv. Zum anderem fanden wir auch die Idee toll, mehr als nur einen Nachmittag mit den Kollegen zu verbringen – Lichtgesalten geht von Samstag morgens bis Sonntag abends. Und die Praxis zeigte dann auch, dass total viel abends und nachts passiert, wenn man in tiefere Gespräche kommt oder nachts um 3 nochmal die Kamera aus der Tasche geholt wird. Ebenso die Möglichkeit morgens um 5.00 Uhr aufzustehen und im Morgengrauen gleich mehrere Modelle vor Ort zu haben. Dazu eingeladen haben wir Fotografen die wir kennen oder von denen wir den Eindruck haben, dass sie eine ähnliche Denkweise haben – 2015 ging das zu 100% auf. 2016 haben wir dann die „alten Hasen“ gebeten doch noch neue Kollegen vorzuschlagen, da wir nicht dahin wollten dass jedes Jahr exakt die selben Leute da sind. Auch „frisches Blut“ ist da eine tolle Sache und ich mag es neue tolle Leute kennenzulernen. Dieses Jahr wissen wir noch nicht genau wie es laufen wird, da Leo und ich zum üblichen Termin (Ende August/Anfang September) selber heiraten. Aber wir werden schon eine Lösung finden.

Daniel Lauber

Daniel Lauber (Patrick Beerhorst Photography)

Thomas: In Netzwerk-Events liegt ein enormes Potenzial. Jeder, der sich öffnet wird von Kontakten, Ideen und Motivation profitieren. Allerdings darf man nicht den Fehler machen, alles für sich selbst verbuchen zu wollen, was sich für andere als erfolgreich erwiesen hat. Ich meine, jeder ‚Aktive‘ braucht eine realistische Nische innerhalb seiner Region, wobei der Begriff ‚Region‘ ausdehnbar ist, ‚Nische‘ aber nicht. Dazu zähle ich Spezial-Techniken, besondere Zielgruppen und außergewöhnliche Vermarktung. Es gibt eine enorme Wirkkraft in der Verwendung von Varianten, erst Recht in der Bereitung eigener Wege. Umso weniger verstehe ich warum alles, aber auch wirklich alles kopiert wird: Models, Outfits, Locations, Kameratechnik, Bildlooks bis hin zur Präsentation. So werden doch niemals identifizierbare, einem Fotografen allein zuordenbare Bilder entstehen. Wie siehst du das, Dan?

Dan: Solange nur kopiert wird bleiben es Kopien. Auf der anderen Seite glaube ich, das alles was kreative Köpfe gestalten, beeinflusst wird von dem, was sie konsumieren. Daher ist es schon eine wichtige Frage mit was ich mich beschäftige und ich an mich ranlasse. Das Rad wird in der Fotografie – so wie in vielen anderen Dingen – kaum neu erfunden werden. Es entstehen jedoch neue Kreationen. Das ist auch der Grund wieso ich z.B. bei Facebook meine Timeline säubere. ich habe viele Fotografen nicht mehr abonniert, wenn ich der Meinung bin, das sie mich nicht weiterbringen und ich stöbere kaum noch in Facebook-Gruppen so wie ich es früher getan habe. Wirklich gute Arbeiten werden da kaum beachtet und kommt ein Anfänger mit vermeintlich misslungenen Fotografien um die Ecke, wird er seziert wie ein Truthahn bei Thanks Giving. Diese Negativität ist genauso ein schlechter Einfluß und das möchte ich soweit wie es geht, von mir wegschieben und mich lieber mit gelungenen Arbeiten beschäftigen. Und so ist es auch beim Netzwerken. Wenn ich merke, mein gegenüber bringt Passion mit, und hat Spaß an seiner Arbeit und am kreativ-sein und bringt eine Offenheit mit, kann das einen regen Austausch bedeuten, und da geht es nichtmal zwingend um Bildqualität sondern um die Heransgehensweise und Einstellung.

Um auf Licht|Gestalten zurückzukommen: Ich bin jedoch positiv überrascht, wie unterschiedlich zum Teil die entstandenen Arbeiten sind, obwohl Location, Modelle und teilweise auch das Outfit identisch sind.

Thomas: Ich wollte auch in keinster Weise deinen Event kritisieren. Wie fändest du die Idee, dass man sich bei Fotografen-Events ‚Hausaufgaben‘ erlost, ‚erwichtelt‘; also, man berät zunächst über mögliche Bildthemen, schreibt diese auf Zettel und lost diese aus. Jeder bekommt eine Portrait-Fotografie-Aufgabe, die er bis zum nächsten Treffen erfüllen muss. Zum einen würde das doch die Kreativität wieder auf die Sprünge bringen, zum anderen die Motivation, Qualität zu produzieren?

Dan: Hab ich nicht als Kritik aufgefasst – und selbst wenn, ist Kritik als solche ja auch nichts schlechtes. Die Idee, Themen zu „erwichteln“ hatte ich tatsächlich auch schonmal und bin mir nicht selber nicht zu 100% schlüssig ob das cool ist oder eher nicht. Auf der einen Seite wirst du in deiner Kreativität ja eingeschränkt, weil es Vorgaben gibt. Aber auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass der eine oder andere diese Vorgaben benötigt, um in diesem Rahmen eine Kreativität zu erschaffen. Zumal nicht vergessen werden darf – wenn es von der Hobby-Fotografie mal weggeht und ich von Kunden rede – dass diese auch Rahmen vorgeben und dies eine gute Übung ist. Am Ende kann ich das nicht beantworten. Vielleicht wüsste ich mehr wenn ich es mal versuchen würde .

Thomas: Wie stark ist die Fotografie zum Bestandteil deines täglichen Lebens geworden, und was sind deine nächsten und übernächsten Ziele?

Dan: Ein starker und großer Bestandteil. Meine Verlobte fotografiert ja auch und schon von daher ist vieles in dieser Richtung ausgelegt. Wenn wir in den Urlaub fahren, dann nicht ohne Kamera. Wir machen auch öfter kleine Roadtrips, um mal an anderen Locations zu fotografieren, so entstand z.B. auch die Serie mit Sofa und Julia in Prag. Aber auch im alltäglichen Leben zeigt sich das immer wieder, und sei es nur, dass ich durch die Strassen gehe und potentiell schöne Locations oder besondere Lichteinfälle sehe.

Wenn ich mal mit Freunden unterwegs bin die mit Fotografie nix am Hut haben und ich einfach mal ein „was n geiles licht heute“ raushaue, verursacht das schonmal Kopfschütteln. Aber so ist das: wenn man etwas liebt, ist es allgegenwärtig und ich bin irgendwann – ganz unabsichtlich – angefixt meine Umgebung ganz anders wahrzunehmen. Nach Lichteinfällen, Synchronizitäten, Fluchten oder Farben zu suchen. Die Sicht verändert sich. Meine nächsten und übernächsten Ziele: … aktuell beschäftige ich mich mit der Vorbereitung zu einer weiteren Ausstellung in der Hammer Kunstnacht die im Frühjahr stattfinden und wo ich mit anderen Fotografen zusammen in der Neonweisz Galerie ausstellen werde. Parallel dazu laufen jetzt im Winter organisatorische Dinge: Webseiten aufbauen oder neu ordnen, Pläne für 2017 schmieden, Abläufe in der Hochzeitsfotografie optimieren etc.

Langzeitziele: Irgendwann möchte wieder einen Bildband machen, aber das wird frühestens 2018 passieren. Erstmal muss ich dafür die richtige Idee haben woran ich arbeiten möchte. Aber das ist ein kreativer Prozeß der von selber kommt, da bin ich mir sicher. Das war bei „loved and lost“ genauso. Grundsätzliche Ziele: weiter Spaß daran haben was ich tue, möglichst immer besser werden und neue Dinge probieren.

Thomas: Für welche Aufträge kann man dich fotografisch buchen?

Dan: In erster Line für Hochzeiten, Business und private Portrait-Shootings. Aber auch Promobilder von Künstlern oder Events decke ich ab. Das wechselt auch immer ein wenig, je nachdem welche Anfragen da sind und welche ich bedienen kann und möchte. Im letzen Jahr z.B. hat die Hochzeitsfotografie einen riesigen Teil meiner Arbeit eingenommen, was ich großartig fand. Ich mag die Herausforderung und auf einer Hochzeit bist du ja in vielen Disziplinen gefragt – und wenn du zudem noch die Möglichkeit hast dokumentarisch dabei unterwegs zu sein, macht das einen Riesenspaß – bei aller Verantwortung die du da trägst. Wir sind da aber gut aufgestellt. So unterschiedlich Leo und ich bei unseren „privaten“ Arbeiten auch sind, so gut ergänzen wir uns bei Hochzeiten und wenn immer möglich, gehen wir zu zweit los.

Thomas: Du meinst … technisch gut aufgestellt?

Dan: Nein, Technik interessiert mich nur sehr sekundär. Ich meinte eher, dass Leo und ich in Sachen Hochzeitsfotografie inhaltlich gut aufgestellt sind. Wir haben ein klares Konzept, gehen einen straighten Weg der vielleicht den ein oder anderen Kunden „vergrault“, uns aber dafür die Kunden bringt die unsere Arbeit wertschätzen und uns genau dafür buchen was wir tun. Ausserdem sind wir nach zwei gemeinsamen Hochzeitssaisons gut eingespielt. Darauf war das bezogen. Technik hat für mich keinen besonders großen Stellenwert.

Thomas: Dan, kannst du uns bitte ein paar Worte zu den eingesandten Bildern sagen …?

Dan: Die Bilder sind für mein Buch „loved and lost“ entstanden, das ich im Oktober 2016 veröffentlicht habe. Wir waren mit Sofa und Julia dazu in Prag und haben die Strassen unsicher gemacht. Mir war es gar nicht so wichtig, dass man „unbedingt Prag“ erkennt aber es sollte sich schon unterscheiden, von dem was hier möglich wäre. Durch die Wände, Schattenspiele der Laternen etc. kam das für mich schon genug zur Geltung. Wir waren vier Tage vor Ort und es hat wirklich bis zum dritten Tag gedauert bis ich die ersten Bilder gemacht habe die mir gefallen haben, du kannst dir vorstellen das ich am zweiten Tag echt schlecht gelaunt war, weil so gar nichts klappen wollte. Zu viele Touris, kein Gutes Licht etc. Erst als ich mich selbst wieder runtergefahren habe, fing ich an gute Bilder zu machen. Mir fehlte die Entspanntheit weil ich die Bilder als extrem wichtig für das Buch erachtet habe und und wenige Wochen später Abgabetermin war.

Thomas: Da habt ihr ganz schönen Aufwand betrieben! Fotografisch sind doch Tschechien, Polen und so weiter noch immer sehr ergiebig, oder? Ich denke, je mehr man aus den Stadt-Zentren fährt, desto besser wird die Szenerie. Zumindest habe ich einige Orte in Tschechien noch so aus den 90ern in Erinnerung – aber welche Tipps kannst du an Portrait-Fotografen geben, die ‚hinter der Grenze‘ tolle Locations suchen, welche Ortschaften sind toll – muss es gleich Prag sein, oder geht auch eine kleinere Stadt? Und muss man irgendwie besonders in Prag achten, wo man besser nicht fotografiert – oder ist das Humbug.

Dan: Ich kann nicht von Polen reden, aber ich denke, da ist es nicht viel anders. In Tschechien gibt es jede Menge cooler Spots. Wir haben mit Julia und Sofa den Weg gewählt tatsächlich in der Prager Innenstadt anzufangen und das war auch nicht wirklich ergiebig. Erst als wir früh morgens und in den Abendstunden in die Seitengassen gelaufen sind, ergaben sich gute Möglichkeiten. Während die Prager Innenstadt sehr touristisch erschlossen ist und alles in prunk und Glanz steht, sind die Vororte auch sehr interessant da noch sehr sozialistisch geprägt und oft heruntergekommen, was zumindest mir sehr entgegenkommt. Im Nachhinein hätten wir mehr in den Vororten fotografieren sollen.

Von Einschränkungen bzgl. fotografieren kann ich nicht berichten, ich hab da fotografiert wo ich wollte und es hat nie Jemand Anstoß daran genommen. In London beispielsweise ist das anders, seit dem Anschlag sind die Londoner sehr empfindlich was das Fotografieren von Gebäuden angeht. Wir waren jetzt zwei mal in Prag und werden sicherlich nochmal hinfahren, und dann auch mit dem Fokus auf die Vororte ;-)

Thomas: Die Bilder von welchen prominenten Portraitfotografen sind für dich ein Anhaltspunkt, … eine ‚Augenweide‘?

Dan: Da gibt es eine Reihe toller Fotografen die ich nennen könnte. Anton Corbijn zum Beispiel oder Alexander Bergström finde ich großartig. Aber auch Bruce Gilden, Emily Soto, Ellen von Unwerth oder Ryan Muirhead machen tolle Fotos, auch wenn sich nicht unbedingt Anhaltspunkte der Arbeiten dieser Leute in meinen Arbeiten wiederfinden.

Thomas: Dan, ich danke dir sehr für das Interview und den Einblick in deine interessanten Bildwelten. Wer also mal ein Sofa auf einem Transporter sieht … denkt dran, es könnte Dan sein!

Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD
Daniel Lauber - Fotografie in Deutschland FiD