Down the River Nils Hasenau
Thomas Gauck: Nils, du bist Fotograf in Berlin. Was sind deine Schwerpunkte, wie fotografierst du?
Nils Hasenau: Mein Geld verdiene ich mit Hochzeiten und kommerziellen Editorial-Strecken bzw. Werbung. Ich lebe in Berlin, reise aber für die meisten meiner Aufträge. Ich fotografiere sehr schnell ;-) Ich glaube, dass mögen die meisten Leute. Ich bin niemand, der lange an Setups schraubt oder ewig Licht aufbaut. Wenn ich eine Idee habe, ist das drumherum ganz fix eingerichtet und ich konzentriere mich auf den Moment.
Thomas Gauck: Auf einer deiner drei Websites schreibst du, dass du eigentlich aus der Welt des Films kommst. Das finde ich sehr interessant. Ich meine, deine Portraits haben einen ausgeprägten cineastischen Look, was hast du im Bereich Film gemacht und filmst du noch? Was hat dich bewogen eine Dimension zurückzuschalten?
Nils Hasenau: Ich habe tatsächlich 12 Jahre für diverse Filmproduktionen gearbeitet. Allerdings nicht kreativ und hinter der Kamera. Ich war Geschäftsführer eines Serviceunternehmens und habe mich um die Produktion und organisatorische Abläufe gekümmert. Im weitesten Sinne die Aufgaben eines 1. Aufnahmeleiters. Das hat mir wirklich viel Spass gemacht. Ich habe an so tollen Projekten wie der Bourne Trilogie gearbeitet, Quentin Tarrantino bei den Inglourious Basterds kennengelernt und auch schon eine Woche mit Peter Lindbergh und Annie Leibovitz verbracht. Leider habe ich mich damals überhaupt nicht für die Fotografie interessiert. Aus heutiger Sicht eine Katastrophe ;-) Dann hat man die Gelegenheit aber keine Fragen ;-) Ich glaube, ich habe aber durch die vielen Jahre in der Filmbranche unterbewusst einiges mitgenommen, und fühle mich „am Set“ natürlich sehr heimisch. Dann kam der Burnout und ich musste von heute auf morgen den Job aufgeben. Es ging nichts mehr. Ich glaube 2011 habe ich zum ersten mal ein „ernsthaftes“ Foto gemacht und war sofort Feuer und Flamme. Während der schwierigen Zeit nach dem Film habe ich dann alles auf ein Karte gesetzt und mich als Fotograf selbstständig gemacht. Das hat mit etwas Glück und viel Arbeit funktioniert. Dafür bin ich sehr dankbar.
Thomas Gauck: Beabsichtigst du, während du portraitierst, eine gewisse erzählerische (filmische) Bildabfolge zu erstellen, zu koordinieren – oder nimmst du, was da kommt?
Nils Hasenau: Sowohl, als auch! Ich versuche immer einen roten Faden oder Struktur in ein Shooting zu bringen. Das kann bedeuten, dass ich eine dafür erstellte Shotlist abarbeite. Ich bin immer vorbereitet, lasse mich jedoch gerne überraschen und reagiere auf das, was passiert. Um ein vernünftiges „Storytelling“ zu haben, ist es sehr wichtig den Faden nicht zu verlieren oder neu aufzunehmen. Das Ziel ist immer eine homogene und schlüssige Serien zu produzieren. Egal ob kommerziell oder als freies Projekt. Es geht mir jedoch nicht darum mit dem Holzhammer eine Geschichte zu erzählen. In einem Fotos sieht ohnehin jeder etwas anderes.
Das schlimmste was passieren kann: Wenn ich „nur“ mit schönen Einzelbildern nachhause komme. Um das zu verhindern hilft der Blick zum Film auf jeden Fall. Es macht Sinn, sich ganz in Ruhe Szenen anzusehen und diese zu analysieren um zu verstehen wie sie aufgelöst sind.
Thomas Gauck: Wie wichtig ist dir Technik, wie setzt du sie ein, welchen Grundsätzen folgst du dabei?
Nils Hasenau: Mit Technik möchte ich mich eigentlich nur beim Kauf beschäftigen. Mir ist wichtig, dass sie verlässlich funktioniert und stabil ist. Dann bin auch gerne bereit in die „teureren“ Dinge zu investieren. Während eines Shootings benutze ich relativ wenig. Der Kofferraum ist aber trotzdem immer voll. Man weiss ja nie ;-) Ich bin gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet. Wie ein Installateur, der zur Havarie gerufen wird. Der hat auch das Auto voll und benötigt am Ende nur ein Taschenmesser…
Thomas Gauck: Du fotografierst ausschließlich digital, oder auch analog?
Nils Hasenau: Ich fotografiere zu 90% digital. Analog nur für mich und bei freien Projekten. Da komme ich vielleicht auf 20 – 30 Rollen pro Jahr.
Thomas Gauck: Von welchen Elementen lässt du dich bei freien Projekten kreativ leiten, spielt da Musik oder der Film eine Rolle?
Nils Hasenau: Beides spielt auf jeden Fall eine Rolle. Das hört sich vielleicht etwas platt an. Aber das Leben an sich ist die grösste Inspirationsquelle. Film und Musik sind aber etwas sehr handfestes. Wenn ich einen gut fotografierten Film sehe, mache ich mir auch gerne mal Notizen dazu.
Musik habe ich immer dabei. Ich erstelle auch Playlisten für Shootings, die ich über eine kleine Akkubox abspiele. Damit lässt sich hervorragend die Stimmung lenken.
Thomas Gauck: Welche Bedeutung hat bei dir die Bild-Nachbearbeitung, wie erreichst du durchgängige Bildlooks?
Nils Hasenau: Bildbearbeitung ist natürlich wichtig. Besonders weil RAWs ja nicht sooo hübsch aussehen. Mir reicht aber eine Grundbearbeitung basierend auf einem S/W und einem Farb-Preset, das ich schon ewig benutze. Belichtung, begradigen, Weissabgleich. Viel mehr passiert da nicht. Photoshop ist für mich ein Fremdwort, da ich es überhaupt nicht beherrsche. Wenn, und das kommt selten vor, eine aufwändige Bildbearbeitung notwendig ist, gebe ich das ab. Ich habe in der Regel 1 – 2 Tausend Bilder pro Woche zu bearbeiten. Da verabschiedet man sich irgendwann von aufwendigen Postproduktionspartys. Ich habe mir angewöhnt einigermassen sauber zu fotografieren. Das spart viel Zeit.
Thomas Gauck: Welchen essentiellen Tipp legst du Newcomern ans Herz – eine gelebte fotografische Erfahrung, die einen vor Umwegen bewahren mag? Eine Erfahrung, die du in der täglichen Praxis nicht mehr missen magst?
Nils Hasenau: Da fallen mir zwei Dinge ein, die mir persönlich extrem hilfreich waren.
Ich habe vor ein paar Jahren mit Steffen Böttcher einen tollen Unterstützer und Mentor gefunden, der mir sehr geholfen hat. Das hat mich sicherlich vor dem ein oder anderen Irrweg bewahrt.
Das zweite ist, alles anzunehmen was nur geht. Wenn man es sich zutraut, nicht lange drüber nachdenken. Einfach machen! Das verursacht zwar Stress und Arbeit und Fehler, hilft der Erfolgskurve auf lange Sicht aber sehr auf die Sprünge.
Thomas Gauck: Vielen Dank Nils, für deine Bildstrecke und das Interview!
Ich war einige Tage zu Besuch in der Nordheide und habe kurzerhand das Model Agnes Fox (auch aus Berlin), die ich schon seit längerer Zeit kannte, zu dieser tollen Location geholt. Die weite Anreise sollte sich für uns beide lohnen, denn die tolle Landschaft passt perfekt zu ihrem Stil wie ich finde.