Thomas Gauck: Ben, auf deiner Website steht, du bist 1990 in die Welt ‚gedroped‘ – erst 2012 hat dich die Fotografie gepackt (wie mir scheint, so ziemlich arg). Wie kam das?
lalaleipzig Ben Hammer
Ben Hammer: Mich hat ziemlich viel gelangweilt, ich wollte weg vom Computer und wieder mehr mit Menschen abhängen. Dann habe ich nachgedacht, wie ich das am besten anstelle und die Fotografie schien mir da der richtige Türöffner, um all meine Interessen zu vereinen.
Thomas Gauck: Also du hast gewissermaßen geplant, dass die Fotografie Bedeutung in deinem Leben gewinnt, entsprechend ihr mehr Bedeutung zugemessen – gab es ‚glückliche Fügungen‘ die dir dabei von Vorteil waren?
Ben Hammer: Ich plane nicht, ich lebe irgendwie drauf los, aber heute hat mir die Fotografie unzählige Türen geöffnet und mich bestimmt auch ein Stück weit zu einem besseren und aufgeschlosseneren Menschen gemacht. Eine glückliche Fügung gab es nicht, aber es gibt immer wieder ganz viele Menschen die mich supporten und denen ich viel verdanke. Damals wie heute. Vor allem denen, die sich ganz am Anfang vor meine Kamera getraut haben :)
Thomas Gauck: Wenn man sich deine Video-Interviews (Webtalks) so ansieht, merkt man schnell, dass du es verstehst, einem Paul Ripke oder Steffen Böttcher frische, schlagfertig-geschmierte Schnittchen zu bieten. Dein extrem lockerer Interview-Stil ist dein Markenzeichen und macht Lust auf mehr – ich zumindest schaue jeden Morgen in deinem Channel nach einem neuen Uploads und freue mich wenn es da welche gibt. Überhaupt, bist du einer derjenigen, die auch mich motivieren mehr von jenen Typen zu zeigen, die hinter Kameras und Bildern stecken. Inwieweit hast du in dem jetzigen Interview-Format deine Erfüllung gefunden, oder gibt es da evtl. mal eine Printversion, ein eigenständiges Webformat oder was anderes?
Ben Hammer: Danke. Ich empfinde das zwar anders, aber es freut mich, wenn andere Menschen von den Inhalten inspiriert werden. Für mich ist es ein wunderbarer Ausgleich zu meiner restlichen Arbeit und ich will noch viel mehr dieser sogenannten „Webtalks“ produzieren. Die Webtalks bieten immer noch viel Verbesserungsplatz, aber über eine Printversion habe ich noch nicht nachgedacht. Ich denke die wird es auch nie geben. Dafür mag ich das echte Gespräch zu sehr. Dort kommen Emotionen einfach viel besser rüber – meine Meinung. Statt aber meine Zeit in technischen Details zu verlieren, versuche ich lieber neue Gäste zu gewinnen. Olaf Heine zum Beispiel wäre ein großer Traum. Oder Peter Lindbergh und Martin Schöller.
©Lena Engel (http://weinventedsummer.tumblr.com)
Thomas Gauck: Wie locker bist du bei deiner eigenen Portrait-Arbeit – was ist Improvisation, was Vorbereitung?
Ben Hammer: Puhh.. gute Frage. Ich habe meist Grundideen und einzelne Bilder im Kopf. Am Ende endet es aber meist in Spontanität und Blödsinn. Ich quatsch sowieso den ganzen Tag dummes Zeug und das kann ich beim Shooten maximal für 2 Minuten abstellen. Danach bricht es wieder aus mir raus. Nicht selten muss ich auch schnell feststellen, dass meine Vision vor dem inneren Auge besser aus sah, als das schlussendlich Resultat in der Kamera und ich werfe kurzerhand mein Konzept um. Ich mag das.
Thomas Gauck: Und, wenn du merkst, du hast dich mit dem Model vertan?
Ben Hammer: Naja, nur weil die eigentliche Idee nicht funktioniert, ist ja nicht das Model schuld. Meist merkt man ja in den ersten 2 Minuten schon, wie ein Mensch vor der Kamera funktionierten kann und wie eben nicht. Also einfach anders fotografieren.
Thomas Gauck: Bist du auf Ideen von Modellen kompromissbereit, und welche ‚Macht‘ überlässt du Visa-Leuten?
Ben Hammer: Klar, die haben meist ziemlich gute Ideen. Nur bei Lack und Leder bin ich immer raus. Visas buche ich nur bei Aufträgen, für meine freien Strecken brauche ich keine großes Makeup und bin lieber frei und spontan mit dem Model unterwegs.
Thomas Gauck: Gehst du spontan auf Menschen zu, wenn sie dich irgendwie aus der Ferne begeistern, und fragst sie nach einem Shooting?
Ben Hammer: Kommt hin und wieder mal vor.
Thomas Gauck: Ich nehme mal an, du bist auch ein starker Bilderkonsument (?) Hast du bestimmte Blogs abonniert, welche Portale besuchst du, wie viel und wie wichtig sind dir einzelne Fotografen?
Thomas Gauck: Deine Website benhammer.de finde ich, ist ziemlich gut sortiert. Mir gefällt auch, dass du anderen die Möglichkeit bietest Bilder einzusenden …
Ich finde das auch bei FiD immer spannend, durch Einsendungen neue Strecken oder Fotografen zu entdecken – das wird dir auch so gehen. Die Strahlkraft guter Arbeiten ist einfach auf den ersten Blick zu erkennen, da braucht es keine steife Bildanalyse. Ein befreundeter, lebenweiser Fotograf sagte mir mal ‚Jeder kann ein gutes Foto hinbekommen, aber kann er das auch in einer Serie, und beständig über Jahre, unter Zeitdruck?‘ – Bei ‚Time-for-Prints‘ zerlegt ihr auch schonmal eine Einsendung gnadenlos – gerade in der offenen und unverblümten Kritik sehe ich ein großes Potenzial, das die Like-verwöhnte Netzstruktur gut gebrauchen kann. Wird es ‚Time-for-Prints‚ weiterhin geben, planst du vielleicht einen Ausbau in irgendeiner Weise?
Ben Hammer: Seh ich genauso. Fotografie muss begeistern, irgendwas auslösen und ist absolut subjektiv. Bilder die ich total abfeier, sind meist gar nicht perfekt, sondern versprühen Atmosphäre. Das empfindet jemand anderes direkt ganz anders. Deswegen halte ich Bildanalyse auch für total überbewertet. Ob dir was gefällt oder nicht, merkst du schließlich sofort. Von #TimeForPrints gibt es jetzt noch gut 20 Folgen. Dann ist erst einmal Schluss. Coole Projekte stelle ich natürlich dann immer noch aufm Blog vor. Ob es irgendwann eine zweite Staffel gibt, weiß ich aktuell nicht. Mal gucken.
Thomas Gauck: Du bist glaube ich viel mit der Fuji X100S unterwegs; bearbeitet ist an deinen Bilder gar nichts, oder – und du fotografierst konsequent in Farbe, magst du SW nicht?
Ben Hammer: Ja inzwischen X100t. Außer der Farbgebung mache ich nichts, stimmt. Ich liebe SW eigentlich, aber aktuell flashen mich Farben irgendwie mehr. Ändert sich aber sicher auch mal wieder.
Thomas Gauck: Wenn du auf Portrait-Tour gehst, hast du dann schon gewisse Bilder im Kopf und sagst dir ‚Heute mach ich mit Vanessa in Leipzig exakt diese und jene Fotos‘ oder gehst du vollkommen spontan ran – anders gefragt: Inwieweit planst du mit deinen Modellen eine Bildstrecke?
Ben Hammer: Frauen wie Vanessa will ich einfach nur mal fotografiert haben. Ich hatte da kein großes Konzept. Und wenn du merkst, dass die Frauen ziemlich entspannt sind, dann kannst du auch einfach mit denen auf der Straße rumlaufen und knipsen. Ich mag dieses Alltäglichkeit. Sowas kann man nicht planen. Ich wusste weder, wie die Straßen drumherum aussahen, noch, dass sie dieses Outfit an hat. Auch nicht, dass der Hofzugang des Nachbarhauses offen ist. Deswegen habe ich nie einen großen Plan.
Thomas Gauck: Ist Köln ein gutes Pflaster für kreative Portraitfotografie oder ist es im Osten, sprich in Leipzig, Dresden etc. nochmal ein Stück interessanter? Hast du Ambitionen für freie Projekte noch weiter in den Osten zu gehen – Polen, Tschechien zum Beispiel …?
Ben Hammer: Der Osten reizt mich schon immer. Ob ich da irgendwann mal länger produziere keine Ahnung. Leipzig habe ich jedenfalls sofort ins Herz geschlossen, was aber auch an den Menschen und ihrer Mentalität liegt. Generell gibt es über all genug zu fotografieren und entdecken. Köln langweilt mich dagegen schon.
Thomas Gauck: Ben sag uns doch noch zum Schluß deinen ultimativen Tipp oder dein Motto für Newcomer-Fotografen?
Ben Hammer: Machen. Machen. Machen. Zur Not einfach mit dem iPhone.
Thomas Gauck: Ich danke dir für das Interview und deine Bildstrecke mit Vanessa. Alles Gute für die Zukunft, bringe allzeit tolle Bilder mit und ja, cool …!
Als Ben und Vanessa in den Iso-Studios die Decke auf den Kopf fiel, zogen sie spontan durch die Straßen Leipzigs.
Diese Bilder sind das Ergebnis einer kurzweiligen Fotostrecke … Model: Vanessa Bley (Instagram: radihoeactive), Fotografie und Post BEN HAMMER
Model: Vanessa Bley (Instagram: radihoeactive)